Erfurt (epd). Träger von Pflegeheimen müssen leitende Beschäftigte auch für diese herausgestellte Funktion bezahlen. Nur weil im Wohnbereich eines Heimes nur eine geringe Anzahl von Pflegekräften tätig ist, darf nicht geringer entlohnt werden, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem am 28. Juli veröffentlichten Beschluss. Nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD/VKA) kommt es für die richtige Eingruppierung einer leitenden Mitarbeiterin nicht auf die Anzahl der ihr unterstellten Fachkräfte an, sondern auf ihren konkreten Aufgabenbereich.
Im Streitfall ging es um ein Pflegeheim aus Baden-Württemberg, das aus sechs „Wohnbereichen“ besteht. In jedem Wohnbereich leben 16 bis 26 Bewohner. Fest zugeordnete Pflegekräfte und eine Wohnbereichsleitung kümmern sich um das Wohlergehen der pflegebedürftigen Menschen. Je höher der Pflegegrad der Bewohner ist, desto mehr Pflegekräfte arbeiten in dem Heimbereich.
Der Arbeitgeber wollte einer Beschäftigten die Leitung eines dieser Wohnbereichs übertragen und dorthin versetzen. Vom Betriebsrat verlangte er dafür die Zustimmung.
Die Mitarbeitervertretung hatte gegen die Versetzung keine Einwände, lehnte jedoch die Zustimmung zur Eingruppierung der Frau in die Entgeltgruppe P 10 Stufe 6 des TVöD/VKA ab. Diese Eingruppierung sei für „Teamleiterinnen“ vorgesehen. Der „Wohnbereich“ sei aber mit einer „Station“ wie in einem Krankenhaus vergleichbar. Der Tarifvertrag sehe für die „Stationsleitung“ eine höhere Eingruppierung in die Entgeltgruppe P 12 vor.
Der Pflegeheimbetreiber wollte das aber nicht bezahlen. Die Arbeitnehmerin übe nur die unterste Leitungsfunktion einer Teamleiterin aus. Eine „Stationsleitung“ gebe es in dem Pflegeheim gar nicht. Deren Aufgaben würden durch die übergeordnete Pflegedienstleitung wahrgenommen. In dem Wohnbereich, in dem die Beschäftigte arbeiten soll, seien ihr auch nur 6,64 Vollzeitkräfte unterstellt. Das sei ein Indiz dafür, dass die Arbeitnehmerin nur als Teamleiterin tätig sein solle.
Denn der TVöD/VKA geht laut Heimträger davon aus, dass einer Teamleiterin nicht mehr als neun Beschäftigte unterstellt sind. Bei einer „Stationsleitung“ seien in der Regel nicht mehr als zwölf Beschäftigte unterstellt.
Das BAG entschied, dass der Betriebsrat zu Recht die Eingruppierung in die höhere Entgeltgruppe P 12 verlangt hat. Der Tarifvertrag gehe ebenso wie in Krankenhäusern auch in dem Pflegeheim „regelmäßig“ von einem mehrstufigen Organisations- und Leitungsmodell aus. Das bestehe aus einem „Bereich/Abteilung“, einer „Station“ und als unterste Leitungsebene die „Gruppe“ beziehungsweise das „Team“. Nur weil in dem Pflegeheim formal nicht alle Leitungsebenen vorhanden sind, im Streitfall die „Stationsleitung“, schließe das die höhere Eingruppierung der Beschäftigten nicht aus, befand das Erfurter Gericht.
Als „Station“ seien hier die einzelnen „Wohnbereiche“ zu werten. Vergleichbar mit einer „Station“ im Krankenhaus handele es sich bei dem „Wohnbereich“ um eine organisatorisch auf Dauer abgegrenzte und verselbstständigte Einheit. Ihr seien Mitarbeiter fest zugeordnet, die Dienstpläne werden von der Wohnbereichsleitung erstellt. Die Beschäftigte übe auch die Tätigkeiten einer „Stationsleitung“ aus. Dass sie auch selbst pflegerische Tätigkeiten übernimmt, schmälere ihre Leitungstätigkeit nicht.
Dass der leitenden Mitarbeiterin weniger als neun Beschäftigte unterstellt sind, stehe der höheren Eingruppierung ebenfalls nicht entgegen. „Die Unterscheidung einer Station von einem Team beruht nicht auf der Anzahl der unterstellten Beschäftigten, sondern auf der Organisation und den der Leiterin jeweils übertragenen Aufgaben“, betonte das BAG.
Eine „Station“ könne auch dann vorliegen, wenn die Zahl der unterstellten Beschäftigten geringer als neun ist. Die im TVöD/VKA enthaltene Zahl der unterstellten Mitarbeiter diene nur „regelmäßig“ der Unterscheidung zwischen den jeweiligen Leitungsebenen. Eine starre Grenze sei das nicht. Maßgeblich sei auch nicht die tatsächliche Anzahl der unterstellten Mitarbeiter, sondern die nach dem Stellenplan vorgesehene Stellenbesetzung.
Allerdings können Betriebsräte die Verlängerung eines zuvor befristeten Arbeitsverhältnisses nicht zum Anlass nehmen, für den betroffenen Mitarbeiter einen höheren Lohn durchzudrücken, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart bereits in einem Beschluss vom 10. Juli 2013 entschied. Auch hier komme es auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit an. Ändere sich diese nicht, dürfe der Betriebsrat seine Zustimmung zur ursprünglichen tariflichen Eingruppierung des Arbeitnehmers nicht verweigern.
Im Streitfall war die Wiedereinstellung zeitgleich mit der Überführung in einen neuen Eingruppierungstarifvertrag verbunden. Auch danach sei es aber richtig gewesen, den Angestellten in seiner bisherigen Entgeltgruppe zu belassen, so das LAG.
Az.: 4 ABR 25/21 (Bundesarbeitsgericht)
Az.: 13 TaBV 2/13 (Landesarbeitsgericht)