Berlin (epd). Der Bundestag hat am 18. Mai eine Orientierungsdebatte über eine mögliche Neuregelung der Suizidassistenz geführt. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist die Hilfe Dritter bei der Selbsttötung grundsätzlich zulässig. Es kassierte 2020 das Verbot sogenannter geschäftsmäßiger, also organisierter Suizidassistenz. Gerungen wird nun um ein Gesetz, das die Selbstbestimmung nicht beschneidet, zugleich aber Missbrauch ausschließt.
Entwürfe sollen aus der Mitte des Parlaments kommen. Bislang liegen drei Vorschläge vor. Alle drei sehen eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vor, um erstmals eine Abgabe todbringender Medikamente zum Zweck eines Suizids zu erlauben. Für die Abgabe formulieren sie aber unterschiedliche Bedingungen.
Eine Gruppe von Abgeordneten um Lars Castellucci (SPD), Ansgar Heveling (CDU), Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), Benjamin Strasser (FDP und Kathrin Vogler (Linke) schlägt erneut ein Verbot der geschäftsmäßigen Hilfe bei der Selbsttötung vor. Unter bestimmten Bedingungen soll sie aber straffrei bleiben. Die Regelung wäre damit der zum Schwangerschaftsabbruch ähnlich. Zu den Bedingungen zählen laut dem Entwurf der Gruppe unter anderem zwei Untersuchungen durch einen Psychiater oder eine Psychotherapeutin mit einem Abstand von mindestens drei Monaten.
Dabei soll festgestellt werden, ob die Entscheidung aus freiem Willen erfolgt. Die Gruppe fordert außerdem eine Ausweitung der Suizidprävention und der Versorgung mit Palliativmedizin. Der assistierte Suizid dürfe nicht als Alternative anderer Versorgungsdefizite dienen, heißt es in dem zusätzlichen Antrag. Der Gesetzentwurf dieser Gruppe ist der einzige bislang formell in den Bundestag eingebrachte Vorschlag.
Der Entwurf der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP), Helge Lindh (SPD), Petra Sitte (Linke) und Till Steffen (Grüne) legt den Akzent auf die Durchsetzung des Rechts auf selbstbestimmtes Sterben. „Jeder, der aus autonom gebildetem freiem Willen sein Leben beenden möchte, hat das Recht, hierbei Hilfe in Anspruch zu nehmen“, heißt es darin. Ein strafrechtlich verankertes Verbot bestimmter Formen der Suizidassistenz etwa durch umstrittene Sterbehilfeorganisationen lehnt die Gruppe ab.
Um den freien Willen der Entscheidung zu dokumentieren, würde ihre Regelung von den Sterbewilligen eine Beratung verlangen, die über Bedeutung, Tragweite, Folgen eines fehlgeschlagenen Suizidversuchs und Alternativen aufklären soll. Die Länder müssten nach ihrem Entwurf ein Angebot an entsprechenden wohnortnahen Beratungsstellen sicherstellen.
Auch der Entwurf der Grünen-Parlamentarierinnen Renate Künast und Katja Keul stellt das durch das Bundesverfassungsgericht festgestellte Recht auf selbstbestimmtes Sterben ins Zentrum. Künast und Keul schlagen vor, dass in einer medizinischen Notlage der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin eines Sterbewilligen entscheidet, ob ein tödlich wirkendes Mittel verschrieben wird, das der Betroffene selbst einnehmen müsste. Voraussetzung dafür ist unter anderem, dass nach medizinischer Einschätzung freier Wille ausschlaggebend für die Entscheidung und der Sterbewunsch absehbar nicht mehr veränderlich ist.
Zudem muss ein zweiter Arzt die Einschätzung schriftlich bestätigen. Sterbewillige, bei denen keine schwere Krankheit vorliegt, sollen eine Beratung durchlaufen und ihren Sterbewunsch gegenüber der zuständigen Landesstelle erklären. Sie würde nach Prüfung den Zugang zum entsprechenden Mittel gewähren. Wird es nicht binnen eines Jahres genommen, muss das Mittel zurückgegeben werden.