München (epd). Ein Rettungsassistent im Minijob muss den gleichen Stundenlohn wie seine hauptamtlich arbeitenden Vollzeit-und Teilzeitkollegen erhalten. Nur weil der Minijobber anders als seine Kollegen selbst aussuchen kann, welche angebotenen Dienste er übernimmt, rechtfertigt das noch keinen unterschiedlichen Stundenlohn, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) München in einem am 25. März veröffentlichten Urteil. Die Münchener Richter ließen allerdings die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu.
Damit bekam der als Rettungsassistent geringfügig beschäftigte Kläger einen Lohnnachschlag von knapp 3.300 Euro zugesprochen. Seit April 2015 arbeitet der Minijobber in einem Unternehmen, das für den Rettungszweckverband Notfallrettung im Raum München Rettungsdienst- und Krankentransportleistungen erbringt.
Die durchschnittliche Arbeitszeit betrug 16 Stunden monatlich bei einem Stundenlohn von zwölf Euro. Feste Arbeitszeiten gab es nicht. Der Arbeitgeber fragte bei ihm per WhatsApp an, ob er Dienste besetzen will, die der Minijobber aber nicht annehmen musste. Auch Wunschtermine für Einsätze konnten auf diesem Weg benannt werden. Die Dienstpläne der Hauptamtlichen wurden dagegen vom Arbeitgeber vorgegeben. Dafür erhielten diese einen Stundenlohn von 17 Euro.
Der Kläger sah in der ungleichen Bezahlung einen Verstoß gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz. Das sieht vor, dass teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht wegen ihrer Teilzeitarbeit schlechter behandelt werden dürfen als Vollzeitkräfte. Eine unterschiedliche Behandlung sei nur aus sachlichen Gründen erlaubt.
Es gebe aber hier im konkreten Fall keine qualitative Unterscheidung zwischen den Tätigkeiten der hauptamtlich Tätigen und dem Minijobber, so der Kläger. Das gesetzliche Benachteiligungsverbot gelte auch, wenn teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer untereinander unterschiedlich behandelt werden, hier die Minijobber einerseits und die hauptamtlichen Teilzeitkräfte andererseits.
Der Arbeitgeber hielt die unterschiedliche Bezahlung zwischen Vollzeit- und Teilzeitkräften sowie Minijobbern indes für gerechtfertigt. Letztere könnten die Art ihrer Einsätze und die Arbeitszeit frei wählen, während die anderen Beschäftigten verbindlich in ein Schichtsystem eingeteilt würden. Ausgleich für den flexiblen Arbeitsmodus sei der geringere Stundenlohn, argumentierte das Unternehmen.
Die unterschiedliche Vergütung richte sich nach Mitarbeitern, deren Arbeitseinsätze vorbestimmt werden und solchen, die flexibel ihre Einsätze wählen könnten. Die höhere Planungssicherheit bei hauptamtlichen Vollzeit- und Teilzeitkräften begründe die höhere Vergütung.
Dem widersprach jedoch das LAG. Die Praxis, geringfügig Beschäftigten eine geringere Vergütung pro Stunde zu zahlen, verstoße gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot. „Die unterschiedliche Behandlung einer Gruppe teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer gegenüber den vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern entfällt nicht dadurch, dass der Arbeitgeber eine andere Gruppe teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht benachteiligt“, befand das LAG mit Verweis auf ein Urteil des BAG vom 19. Januar 2016.
Hier vergüte der Rettungsdienstbetreiber die Arbeitnehmergruppe der „nebenamtlich“ Teilzeitbeschäftigten anders als die Vollzeitkräfte. Einen ausreichenden sachlichen Grund gebe es hierfür nicht. Der Arbeitgeber begründe zwar, so das LAG, dass die höhere Bezahlung für Hauptamtliche wegen der nicht frei wählbaren Dienste gerechtfertigt sei. Warum die höhere Vergütung notwendig sein soll, sei dennoch unklar.
Denn der Arbeitgeber könne nach der Gewerbeordnung sowieso Beschäftigte anweisen, wann sie ihre Arbeit erbringen müssen, es sei denn, das ist - etwa im Arbeitsvertrag - anders geregelt. Doch selbst wenn man davon ausgehen würde, dass Minijobbern wegen der freien Wahl ihrer Dienste ein geringerer Stundenlohn zustehen müsse, rechtfertige dies im Streitfall noch keinen Unterschied von 43 Prozent des Stundenlohns, urteilte das LAG.
Bereits am 29. Juli 2011 hatte auch das LAG Hamm im Fall einer Caritas-Einrichtung geringfügig beschäftigten Pflegeassistentin entschieden, dass sie das gleiche Stundenentgelt wie Vollzeitbeschäftigte beanspruchen könne. Wie die Hammer Richter zu einer Übergangsregelung im Jahr 2010 entschieden, haben Minijobber Anspruch auf den gleichen Bruttolohn - selbst dann, wenn das netto einen höheren Stundenlohn bedeutet, als ihn die Vollzeitbeschäftigten bekommen.
Der Grundsatz gleiche Arbeit für gleichen Lohn muss nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. März 2014 aber nicht für Beamte gelten. Können Beamte aus gesundheitlichen Gründen zeitlich weniger arbeiten, müssen sie danach höhere Bezüge erhalten als freiwillig, im gleichen Umfang teilzeitbeschäftigte Beamte. Denn der aus gesundheitlichen Gründen begrenzt dienstfähige Beamte bringe anders als der freiwillig teilzeitbeschäftigte Beamte seine Arbeitskraft nach seinen Möglichkeiten noch voll ein, so dass eine höhere Besoldung sachlich gerechtfertigt sei.
Az.: 10 Sa 582/21 (Landesarbeitsgericht München)
Az.: 9 AZR 564/14 (Bundesarbeitsgericht)
Az.: 18 Sa 2049/10 (Landesarbeitsgericht Hamm)
Az.: 2 C 50.11 (Bundesverwaltungsgericht)