Hamburg (epd). Eine verpflichtende Erklärung eines ausländischen Vaters zur Übernahme der Lebenshaltungs- und Unterbringungskosten seines behinderten Kindes ist verpflichtend. Der Vater muss als Folge der Zusage für die sonst von der Sozialhilfe zu tragenden Kosten für die Versorgung des Kindes in einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderungen und in einer Tagesförderstätte aufkommen, entschied das Verwaltungsgericht Hamburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 24. August 2021.
Im Streitfall ging es um einen mehrfach behinderten, mittlerweile erwachsenen Sohn aus Bosnien-Herzegowina. Für das Kind sind die Merkzeichen „B“ (ständige Begleitung), „G“ (erhebliche Gehbehinderung) und „H“ (Hilflosigkeit) eingetragen.
Um sich um seinen Sohn kümmern zu können, hatte der Vater, ein in Hamburg lebender Kaufmann, bei der Ausländerbehörde eine Familienzusammenführung beantragt. Für die Erteilung eines Visums unterzeichnete er eine Verpflichtungserklärung, nach der er für den Lebensunterhalt seines Sohnes einschließlich der Wohnraumversorgung und der Versorgung im Krankheits- und Pflegefall aufkomme. Die Ausländerbehörde bewilligte nach Prüfung der Einkommensverhältnisse den Familiennachzug.
Anfang Juli 2008 zog der zunächst bei seiner Familie wohnhafte Sohn in eine Wohngruppe für Menschen mit Behinderungen. Der Sozialhilfeträger hatte die hierfür beantragte Eingliederungshilfe auch genehmigt, ohne Kenntnis von der Verpflichtungserklärung des Vaters zu haben. Zusätzlich besuchte der behinderte Sohn eine Tagesförderstätte. Die Ausländerbehörde wusste zwar von der Unterbringung in der Wohngruppe, ging jedoch davon aus, dass der Vater für die Kosten aufkommt.
Als dann das zuständige Bezirksamt Anfang 2012 von der 2005 abgegebenen Verpflichtungserklärung erfuhr, bat die Behörde den Vater zur Kasse. Er sollte die Eingliederungsleistungen in Höhe von über 300.000 Euro erstatten.
Der Vater lehnte ab. Er sei nicht über die Kosten vorab informiert worden. Außerdem sei die Schrift der damals unbefristeten Verpflichtungserklärung so klein gewesen, dass er sie „kaum lesen“ konnte.
Das Verwaltungsgericht urteilte, dass der Vater zahlen muss. Mittlerweile habe der Gesetzgeber die Gültigkeit der Verpflichtungserklärungen auf fünf Jahre befristet. In Altfällen wie im vorliegenden Fall sei die Verpflichtung zur Erstattung von Sozialleistungen erst Ende 2016 erloschen.
Der Vater hätte damit rechnen müssen, dass er für seinen behinderten Sohn in die Pflicht genommen wird und die Sozialhilfeleistungen tragen muss. Über die Kosten hätte er sich selbst informieren müssen. Er habe auch von seiner Pflicht Kenntnis gehabt, selbst wenn die Schrift in der Erklärung sehr klein gewesen sei. Schließlich sei der Vater leistungsfähig. So habe er neben Immobilienbesitz 2010 noch ein Einkommen von knapp 89.000 Euro pro Jahr gehabt, so das Gericht.
Az.: 21 K 1966/16