sozial-Politik

Familie

Gastbeitrag

Familienbüros: Hilfe und Beratung, wo immer es nötig ist




Isabel Wieland
epd-bild/Verein Familiengerechte Kommune
Lokale Familienbüros sind Servicestellen zur Beratung unterschiedlicher und oft spezieller Zielgruppen. Aber, schreibt Isabel Wieland in epd sozial, sie sind auch wichtig, um Teilhabe von Familien an kommunalen Planungsprozessen zu ermöglichen.

Familienbüros haben das Ziel, die gesellschaftliche Teilhabe durch Informationen, Maßnahmen, Projekte und Angebote zu verbessern und Armut entgegenzuwirken - und das in einem gemeinsamen Netzwerk mit allen sozialen Akteuren einer Kommune. Sie sind eine niedrigschwellige, serviceorientierte Anlaufstelle, in der Familien, egal in welcher Phase - im besten Fall generationenübergreifend - Antworten und Unterstützung zu allen familienbezogenen Fragen und Anliegen erhalten. Diese Informationscenter klären zum einen über Angebote vor Ort auf, sei es über die der kommunalen Verwaltung, von Freien Trägern, Kirchen oder Vereinen sowie von überörtlichen Angeboten. Weiter unterstützen sie bei der Beantragung von Sozialleistungen.

Familien erhalten so direkt vor Ort im Familienbüro oder durch verbindliches Lotsen ein auf ihre Situation individuell abgestimmtes Beratungs- und Unterstützungsangebot. Kommunale Akteure treten mittels des Familienbüros stärker als Partner und Partnerinnen von Familien in Erscheinung und Bürgernähe und Vertrauen werden leichter hergestellt.

Leistungen werden transparent

Durch die Bündelung der Informations- und Angebotsvielfalt erhöhen Familienbüros erstens die Transparenz über bestehende Leistungen und Angebote - bei Familien wie auch bei kommunalen Akteuren. Und sie treiben zweitens die Vernetzung aller maßgeblichen Akteure vor Ort voran.

Damit alle Informationen über alle familienrelevanten Angebote vor Ort im Familienbüro vorliegen, findet ein regelmäßiger Austausch zwischen einzelnen Ressorts innerhalb der Verwaltung sowie zwischen kommunalen Akteuren, wie etwa Freien Trägern, Kirchen, Moscheen oder Vereinen statt. Dabei werden auch möglich Doppelstrukturen deutlich. Dadurch entsteht die Chance, überzählige Parallelangebote abzubauen und Synergieeffekte zu erzeugen. Auch bestehende Angebotslücken werden besser identifiziert und Leistungen besser aufeinander abgestimmt.

Eine ergänzende, digitale Informationsplattform mit allen Angeboten, Leistungen und Ansprechpartnern für Familien vor Ort hilft, dass sich Ratsuchende in der häufig unübersichtlich gewordenen Angebotslandschaft zurechtzufinden.

Angebote aktiv mitgestalten

Über die Anlaufstelle, die ständig mit Familien in Kontakt ist, haben Familien zudem die Chance, Angebote mitzugestalten. Es geht um Themen, die sie selbst betreffen und in denen sie die Experten und Expertinnen sind. Hier können sie mitreden und mitbestimmen. So fließen ihre Interessen in die Familienpolitik vor Ort ein. Zugleich werden kommunale Akteure bei ihrer Planung unterstützt.

Die Ausrichtung von Familienbüros und die Wahl der Zielgruppe fällt in Kommunen mitunter unterschiedlich aus. Familienbüros richten sich häufig an alle Familien und sind Anlaufstelle für alle Familienmitglieder, also werdende Mütter und Väter, Erziehungsberechtigte, Kinder, Jugendliche und Seniorinnen). Auch sollen alle Familientypen (Alleinerziehende oder Patchworkfamilien) erreicht werden.

Bestimmte Familien gezielt erreichen

Häufig wird über Familienbüros angestrebt, diejenigen Familien zu erreichen, die durch andere Angebote nicht erreicht werden oder nicht ausreichend Unterstützung erfahren. So können etwa gezielt werdende Eltern angesprochen, zum Beispiel für Hebammensprechstunden, oder junge Familien für die Erziehungsberatung interessiert werden. Oder es werden spezielle Beratungs- und Unterstützungsangebote für Alleinerziehende oder Familien mit Migrationshintergrund angeboten, von Gesprächsrunden über Sprachkurse bis hin zur Elternbildung.

Familien können bei der Beantragung von Elterngeld, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket oder von Wohn- oder Pflegegeld unterstützt werden. Darüber hinaus gibt es Beratungsangebote zu Themen wie Pflege, Sucht oder Schulden.

Die Organisation der Angebote wird in der Regel unterteilt in eine umfassende, übergreifende (Erst)-Beratung durch ein Kernteam des Familienbüros und in ergänzende, spezifische Angebote, die über Sprechstunden oder Workshops von den jeweiligen Akteuren angeboten werden. Oberste Prämisse ist hier, den Familien den Zugang zu erleichtern.

Unbedingt Neutralität wahren

Entscheidend ist, dass Familienbüros Neutralität wahren, um als Partner von allen Familien unabhängig von ihrer Herkunft, Konfession oder Problemlagen auftreten zu können. So liegt die Verantwortlichkeit für Familienbüros in den meisten Fällen bei der kommunalen Verwaltung . Auch wenn das Jugendamt mit Angeboten im Familienbüro vertreten ist, ist das Familienbüro als eigenständiges, neutrales Angebot als Alternative zum Jugendamt ausgestaltet. Teilweise sind Familienbüros auch über das Lokale Bündnis für Familie als eigenständiger Verein oder in Kooperationsträgerschaft mit Sozialpartnern organisiert.

Um Familienbüros flächendeckend als Instrument in Kommunen einsetzen zu können, sollten aus unserer Sicht folgende Ansatzpunkte berücksichtigt werden:

  • „Familie“ sollte akteursübergreifend als Querschnittsthema in den Kommunen und Landkreisen verstanden werden
  • wer Erfolg haben will, sollte eine integrierte Daten- und Berichtsgrundlage aufbauen und die Expertisen aller Akteure zusammenbringen
  • Familienbüros dürfen keine freiwillige Leistung bleiben, sondern sollten ein präventives Angebot sein, das als Zukunftsinvestition für Familien zu sehen ist
  • es braucht mehr Landes-/Bundesfördermittel als Hebel, um Pilotenprojekte zu schaffen, aber auch um klammen Kommunen die Möglichkeit zu geben, selbst für Familien aktiv zu werden (gut sind die Landesförderprogramme in Nordrhein-Westfalen („kinderstark - NRW schafft Chancen“) und Niedersachsen („Richtlinie Familienförderung“
Isabel Wieland ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Vereins Familiengerechte Kommune und verantwortlich für den Bereich "Kommunale Entwicklung - Chancen zur Kooperation (KECK)"