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Begrenzte Impfpflicht: "Das ist ein sehr gemischtes Thema"




Ein Pfleger wird gegen das Coronavirus geimpft.
epd-bild/Klaus Honigschnabel
Beschäftigte in der Pflege und im Gesundheitswesen riskieren ihren Job, wenn sie bis Mitte März keine Corona-Impfung nachweisen können. Zwar ist die überwiegende Mehrheit geimpft. Dennoch bleiben Herausforderungen für Träger und Beschäftigte.

Hildesheim, Hannover (epd). Michaela Eichert muss gerade viel organisieren. Einzelne Bewohnerinnen und Bewohner im Hildesheimer Christophorusstift sind isoliert, weil sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben. Einige Pflegekräfte sind in Quarantäne und Dienste müssen neu verteilt werden. „Zum Glück sind es bisher milde Verläufe, Erkältungssymptome oder gar keine“, sagt die leitende Pflegerin im vollstationären Bereich des Heimes. Ein anderes Thema rückt da einen Moment lang in den Hintergrund, das derzeit Pflegeheime, Kliniken oder auch Praxen beschäftigt: die Impfpflicht für das Personal, die ab Mitte März gilt.

Warten auf einen anderen Impfstoff

„Das ist ein sehr gemischtes Thema, nach wie vor“, sagt Eichert, und das, obwohl in der Hildesheimer Einrichtung die weit überwiegende Mehrheit der Mitarbeitenden geimpft ist. „Es gibt immer noch einige wenige, die wollen zum Beispiel warten, bis ein anderer Impfstoff entwickelt ist“, berichtet sie. Manche würden wohl dabei bleiben, trotz der Folgen.

Geschäftsführer Sven Schumacher spricht von „einer Handvoll“. In stationären Einrichtungen der evangelischen Altenpflege in Niedersachsen seien es vielleicht fünf Prozent, sagt Schumacher, der auch Vorstandsvorsitzender des Niedersächsischen Evangelischen Verbandes für Altenhilfe und Pflege (NEVAP) mit mehr als 300 Mitgliedseinrichtungen ist.

Bundesweit lag laut Monitoring des Robert Koch-Institutes (RKI) bis Ende November in Langzeitpflegeeinrichtungen die Impfquote unter den Beschäftigten bei 81 Prozent - allerdings bei einer breiten Streuung zwischen den Einrichtungen. Genaue Zahlen fehlen. So verweist der Bundesverband privater Pflegedienste auf die Daten des RKI. Heike Prestin von der Diakonie in Deutschland hält Quoten für wahrscheinlich, die mit den allgemeinen Impfquoten korrespondieren. „Natürlich gibt es regionale Unterschiede“, sagt sie.

Sicherstellung der Versorgung

Träger wie die Diakonie fürchten deshalb je nach Region unterschiedliche Auswirkungen. „Zu den drängendsten Fragen gehört auch die Sicherstellung der Versorgung der uns anvertrauten Menschen“, betont Prestin. „Wenn ungeimpfte Mitarbeitende freigestellt werden, müssen Möglichkeiten geschaffen werden, die Ausfälle zu kompensieren.“ Das sei bei den häufig dünnen Personaldecken schwierig. „Hier braucht es etwa Regelungen, die eine Abweichung von gesetzlich vorgesehenen Personalvorgaben möglich machen.“

Im hannoverschen Klinikkonzern Diakovere hat es laut Sprecher Matthias Büschking noch keine Kündigungen mit Blick auf die nahende Impfpflicht gegeben. Rund 95 Prozent der Mitarbeitenden seien geimpft, sagt er. Diakovere hat in einem seiner Krankenhäuser ein eigenes Impfzentrum, es gebe eine Hotline für Fragen und immer wieder Gespräche. „Wir möchten erst einmal überzeugen und keinen zusätzlichen Druck ausüben“, betont Büschking.

Nach dem Gesetz müssen die Arbeitgeber den Gesundheitsbehörden melden, wer ab dem Stichtag 15. März nicht geimpft ist. Die Ämter können dann ein Betretungsverbot für die jeweilige Einrichtung und ein Beschäftigungsverbot aussprechen. Hans-Peter Daub vom Diakonischen Dienstgeberverband in Niedersachsen sieht das kritisch. „Als Unternehmer halte ich eine solche Ungleichbehandlung einer Berufsgruppe für sehr schwierig“, sagt Daub. Er fordert deshalb eine allgemeine Impfpflicht.

In der Pandemie sei die einrichtungsbezogene Impfpflicht eine weitere Last, die Pflegenden aufgebürdet werde, ist auch NEVAP-Vorsteher Schumacher überzeugt. Seit zwei Jahren arbeiteten sie unter großer Anspannung mit Ängsten und massivem Einsatz. Michaela Eichert spürt dies ganz aktuell angesichts des Corona-Ausbruches im Christophorusstift. „Wir sind ein gutes Team, alle ziehen an einem Strang“, sagt sie. Davon, dass die Impfungen insgesamt die Situation verbessert haben, ist sie trotz des Ausbruches überzeugt.

Karen Miether


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