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Studie: Jeder fünfte Vollzeitbeschäftigte bekommt einen geringen Lohn



Der Anteil der Geringverdiener unter den Vollzeitbeschäftigten sinkt kontinuierlich. Dennoch verdient fast jeder Fünfte in einem Vollzeitjob weniger als 2.284 Euro brutto und erhält damit weniger als zwei Drittel des mittleren Bruttomonatslohns.

Düsseldorf (epd). Fast jeder fünfte Beschäftigte in Vollzeit hat einer Studie zufolge im Jahr 2020 weniger als 2.284 Euro brutto im Monat verdient. Diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verdienten weniger als zwei Drittel des mittleren monatlichen Bruttolohns aller sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten und liegen damit nach der Definition der Bundesagentur für Arbeit (BA) im „unteren Entgeltbereich“, wie die Hans-Böckler-Stiftung am 6. Januar in Düsseldorf mitteilte.

Deutliches West-Ost-Gefälle

Deutschlandweit zählten der Studie zufolge 2020 nach der Abgrenzung der Bundesagentur für Arbeit 18,7 Prozent der Vollzeitbeschäftigten zu den Geringverdienenden. Seit 2011 ist dieser Anteil in kleinen jährlichen Schritten von damals 21,1 Prozent kontinuierlich gesunken, gleichzeitig stieg die statistische Zwei-Drittel-Verdienstgrenze um rund zehn Prozent. Der Rückgang fiel in Ostdeutschland deutlich stärker aus als im Westen, allerdings auf einem viel höheren Niveau: Im Posten fiel der Anteil der Geringverdiener unter den Beschäftigten in Vollzeit von 39,3 auf 29,1 Prozent, im Westen fiel er von 16,9 auf 16,4 Prozent.

Unter den Frauen müssen bundesweit 25,4 Prozent mit einem niedrigen Monatseinkommen trotz Vollzeitarbeit auskommen, unter den Männern 15,4 Prozent. Überdurchschnittlich häufig betroffen seien auch junge Vollzeitbeschäftigte, Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit und Menschen ohne Berufsabschluss. Besonders ausgeprägt ist nach den Angaben der untere Entgeltbereich im Gastgewerbe, der Leiharbeit und der Land- und Forstwirtschaft.

Die Auswertung zeigt insgesamt große Unterschiede nach Regionen: Während 2020 in Wolfsburg oder Erlangen 6,4 bzw. 8,3 Prozent der Vollzeitbeschäftigten im unteren Entgeltbereich arbeiteten, galt das etwa in Görlitz oder dem Saale-Orla-Kreis jeweils für mehr als 40 Prozent. Die höchste Quote weist laut Studie der Erzgebirgskreis mit 43,2 Prozent auf.

Bedeutung des Berufsabschlusses

Unter den ostdeutschen Stadt- und vor allem den Landkreisen sind Quoten von mehr als 30 Prozent weiterhin relativ häufig. Dagegen bleiben im Westen auch jene vorwiegend ländlich geprägten Regionen mit vergleichsweise hohen Anteilen unter dieser Marke, wenn auch in einigen Kreisen von Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und vereinzelt in Bayern nur relativ knapp. Generell ist Vollzeitarbeit im unteren Entgeltbereich in ländlichen Regionen, in denen es vor allem Kleinbetriebe und eher wenig Industrie gibt, stärker verbreitet.

Der Anteil der Geringverdienste liegt nach den Angaben bei Vollzeitbeschäftigten ohne Berufsabschluss bei 40,8 Prozent, bei Beschäftigten mit beruflichem Abschluss bei 17,8 und bei Personen mit Hochschulzertifikat bei lediglich 4,9 Prozent. Auch die Branchenverteilung spielt eine wichtige Rolle: Im Gastgewerbe (68,9 Prozent), in Leiharbeit (67,9 Prozent) und Land- und Forstwirtschaft (52,7 Prozent) arbeiten mehr als die Hälfte der Vollzeitkräfte im unteren Entgeltbereich. Im Verarbeitenden Gewerbe insgesamt sind 11,5 Prozent der Vollzeitkräfte im unteren Entgeltbereich beschäftigt, in der Metall- und Elektroindustrie 7,6 Prozent. In der Finanz- und Versicherungsbranche liegt der Anteil bei 4,2 Prozent und im öffentlichen Dienst bei 2,5 Prozent.

Markus Jantzer