Erfurt (epd). Arbeitgeber müssen einer gleichzeitig mit einer Kündigung eingereichten Krankschreibung nicht immer glauben. Umfasst die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genau den Zeitraum der Kündigungsfrist, ist der Beweiswert der Krankschreibung erschüttert, urteilte am 8. September das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt. Kann eine Beschäftigte ihr tatsächliches Kranksein nicht weiter belegen - etwa durch die Bestätigung des Arztes - steht ihr keine Entgeltfortzahlung zu, befanden die obersten Arbeitsrichter.
Vor Gericht wurde der Fall einer bei einer Personalvermittlung beschäftigten kaufmännische Angestellten verhandelt. Sie hatte am 8. Februar 2019 selbst ihren Job gekündigt. Das Arbeitsverhältnis sollte zwei Wochen später enden. Mit der Kündigung meldete die Frau sich krank und reichte auch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein. Diese umfasste genau den Zeitraum der zweiwöchigen Kündigungsfrist.
Der Arbeitgeber zweifelte die Arbeitsunfähigkeit daraufhin an und lehnte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall einschließlich Fahrgeld ab. Die erste Diagnose habe lediglich „sonstige und nicht näher bezeichnete Bauchschmerzen“ festgestellt. Am Tag der Kündigung und Krankschreibung habe die Frau gegenüber einem Mitarbeiter zudem telefonisch erklärt, dass die Weiterarbeit aus ihrer Sicht keinen Sinn mehr mache. Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen sprach ihr noch die gewünschte Entgeltfortzahlung zu.
Das BAG urteilte nun, dass der Arbeitgeber den Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert habe. Insbesondere sei von „ernstlichen Zweifeln“ der an der Erkrankung auszugehen, wenn diese passgenau den Zeitraum der Kündigungsfrist umfasst. Die Arbeitnehmerin könne dann nur ihrerseits weitere Belege für ihre Arbeitsunfähigkeit vorbringen. Dazu könne etwa die Aussage des behandelnden Arztes nach dessen Entbindung von der Schweigepflicht gehören. Da die Klägerin die Zweifel an ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht ausgeräumt habe, stehe ihr auch keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu, entschied das BAG.
Az.: 5 AZR 149/21