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Experten fordern bessere Suizidvorsorge



Mehr als 9.000 Menschen nehmen sich pro Jahr in Deutschland das Leben. Die Ursachen sind vielfältig und doch wäre Hilfe möglich. Dazu fehlen aber ausreichend Anlaufstellen, sagen Experten.

Berlin (epd). Gesundheitsexperten haben flächendeckende und dauerhaft finanzierte Hilfsangebote zur Suizidprävention gefordert. Es gebe immer noch zu wenig Wissen über Hilfsmöglichkeiten und zu wenig spezielle Hilfsangebote in Krisen, heißt es in einem am 3. September in Berlin vorgestellten Bericht des Nationalen Suizidpräventionsprogramms (Naspro). Gefordert wird unter anderem eine bundesweite Informations- und Koordinationsstelle.

Jedes Jahr sterben demnach in Deutschland mehr als 9.000 Menschen durch Suizid. „Das sind mehr Todesfälle als durch Verkehrsunfälle, Mord und illegale Drogen zusammen“, erklärte Hannah Müller-Pein, Medienbeauftragte des Naspro. Menschen, die ihrem Leben selbst ein Ende setzen wollen, seien meist in existentiellen Notlagen. Verständnis, Unterstützung und Hilfe könnten dazu beitragen, dass sie wieder Hoffnung schöpfen.

Aktueller Lagebericht liegt vor

Das Naspro-Netzwerk aus Experten verschiedener Disziplinen hat zum Abschluss einer dreijährigen Förderperiode für das Bundesgesundheitsministerium einen Bericht über Projekte zur Suizidprävention in Deutschland verfasst. Anlass ist der Welttag der Suizidprävention am 10. September. Er steht in diesem Jahr unter dem Motto „Aktiv werden und Hoffnung schaffen“.

So gibt es in Deutschland dem Bericht zufolge rund 300 spezialisierte Beratungsstellen. Aber häufig seien diese Einrichtungen zur Suizidprävention nicht dauerhaft finanziert, betonte die Kölner Psychiatrieprofessorin Barbara Schneider, eine der Leiterinnen des Naspro. Zudem erreichten die Hilfsangebote noch lange nicht alle Risikogruppen wie etwa ältere Männer oder Menschen mit Migrationshintergrund. Lücken gebe es auch bei der Nachsorge Betroffener und Hinterbliebener sowie bei der Aus- und Fortbildung und bei digitalen Versorgungsangeboten. Naspro ist nach eigenen Angaben ein Netzwerk aus mehr als 90 Institutionen.

Fehlendes Wissen auch bei Fachleuten

Die Berliner Psychologieprofessorin Birgit Wagner bemängelte fehlendes Wissen über die psychische und soziale Situation suizidaler Menschen auch bei Fachleuten. Dies werde gerade in der Diskussion über den assistierten Suizid deutlich. Es sei noch nicht genug bekannt, „wie ambivalent ein Großteil suizidaler Menschen ist“ und wie stark zwischenmenschliche Konflikte „Teil des suizidalen Erlebens sein können“. Gezielte Hilfe fördere dagegen die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen zu bewältigen.

Der Kasseler Neurologe und Psychiater Reinhard Lindner sprach sich für eine bundesweite Anlaufstelle der Suizidprävention mit eigenem Internetauftritt und einer bundesweit einheitlichen Rufnummer aus. Diese Informations- und Koordinationsstelle sollte jederzeit gebührenfrei erreichbar sein.

Lukas Philippi