Gütersloh, Berlin (epd). Trotz eines massiven Ausbaus bei den Kitas gibt es laut einer Studie nach wie vor große Defizite. In den westlichen Bundesländern stehen weiterhin zu wenige Plätze für Kinder unter drei Jahren zur Verfügung, wie aus einer am 24. August von der Bertelsmann Stiftung in Gütersloh vorgestellten Untersuchung hervorgeht. Im Osten betreut demnach eine Fachkraft zu viele Kinder.
Um dieses „doppelte Ost-West-Gefälle“ bei Betreuungsplätzen und Personalschlüsseln binnen zehn Jahren weitgehend aufzulösen, würden insbesondere mehr Erzieherinnen und Erzieher benötigt, hieß es. Kommunen und Sozialverbände mahnten eine dauerhafte Förderung der Kinderbetreuung durch den Bund an.
In den ostdeutschen Bundesländern besuchen dem aktuellen „Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme“ zufolge 53 Prozent der unter Dreijährigen eine Kita oder Kindertagespflege. Im Westen sind es lediglich 31 Prozent.
Hingegen bieten die westdeutschen Einrichtungen mit einem Personalschlüssel von einer vollzeitbeschäftigten Kita-Fachkraft zu 3,5 ganztagsbetreuten Krippenkindern laut Studie eine höhere Qualität. In den neuen Bundesländern beträgt das Verhältnis demnach 1 zu 5,5. Kindgerecht wäre nach wissenschaftlichen Empfehlungen ein Personalschlüssel von 1 zu 3, erläuterte die Bertelsmann Stiftung. Diese Personalausstattung und zugleich ausreichend Plätze in allen Kitas seien in diesem Jahrzehnt nicht mehr zu realisieren. Dafür fehlten bis 2030 mehr als 230.000 Fachkräfte.
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund mahnte, dringende Aufgabe der neuen Bundesregierung müsse es sein, „einen Weg zu ebnen, wie die Personalausstattung verbessert und dauerhaft mitfinanziert werden kann“. Der Bund müsse den Qualitätsausbau über das Jahr 2022 hinaus weiter mitfinanzieren. Sonst bremse er das Engagement der Städte für bessere Kindertagesbetreuung aus.
Auch das Deutsche Kinderhilfswerk forderte von Bund, Ländern und Kommunen größere Kraftanstrengungen zur Verbesserung der Kita-Qualität in Deutschland. „Gute Kitaangebote zu schaffen und zu erhalten ist eine Daueraufgabe, die Länder und Kommunen nicht allein stemmen können“, erklärte Bundesgeschäftsführer Holger Hofmann in Berlin. Nötig seien dazu mehr finanzielle Mittel als auch bundeseinheitliche Mindeststandards in der Qualität. Der Flickenteppich bei Qualitätsmerkmalen wie der Personalausstattung und den Gruppengrößen müsse beendet werden.
„Wir brauchen flächendeckend geltende Mindeststandards für eine verbesserte Fachkraft-Kind-Relation“, mahnte auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW. Der Erzieherinnen- und Erzieherberuf müsse gesellschaftlich deutlich aufgewertet und besser bezahlt werden, sagte Vorstandsmitglied Doreen Siebernik in Frankfurt am Main. Der Bund müsse Länder und Kommunen unterstützen, um eine Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung langfristig sicherzustellen. Die Qualitätsverbesserungen sollten aus einem Sondervermögen dauerhaft finanziert werden.
Der Vorstand der Bertelsmann Stiftung, Jörg Dräger, erklärte, von zentraler Bedeutung sei es, dass sich der Bund beim Qualitätsausbau der Kitas weiter finanziell engagiere. Die Zahlungen an die Länder auf Grundlage des „Gute-Kita-Gesetzes“ müssten über 2022 hinaus weiter fließen. Sie sollten in erster Linie verwendet werden, um neue Fachkräfte zu gewinnen und zu qualifizieren sowie Personal- und Leitungsausstattungen der Kitas zu verbessern.
Grundlage des jährlich aktualisierten Ländermonitorings sind den Angaben zufolge Daten der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, aus der Kinder- und Jugendhilfestatistik und weiteren amtlichen Statistiken. Sie wurden mit Stand 1. März 2020 erhoben.