Berlin (epd). Eine behinderte Schülerin mit sonderpädagogischem Förderbedarf muss ebenso wie andere Schüler wegen eines pandemiebedingten Unterrichtsausfalls ihr Abschlussjahr wiederholen können. Auch wenn die sonderpädagogische Beschulung im Bereich „Geistige Entwicklung“ in Berlin nicht in Jahrgangsstufen organisiert ist, muss die freiwillige Wiederholung des Abschlussjahres möglich sein, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem am 16. August bekanntgegebenen Beschluss.
Konkret ging es um eine junge Frau, die wegen ihrer Trisomie 21 sonderpädagogisch gefördert wurde. Im Schuljahr 2020/2021 absolvierte sie das Abschlussjahr einer zweijährig ausgestalteten integrierten Berufsausbildungsvorbereitung. Die Lernziele hatte die Schülerin wegen der zahlreichen pandemiebedingten Unterrichtsausfälle verfehlt. Der Unterricht und der Kontakt zu Werkstätten waren in diesem Bildungsgang stark eingeschränkt.
Die Berliner Regelungen sehen bei pandemiebedingten Unterrichtsausfällen eigentlich auch die Möglichkeit der freiwilligen Wiederholung von Jahrgangsstufen vor. Einen entsprechenden Antrag der behinderten Schülerin hatte die Schulbehörde jedoch abgelehnt. Begründung: Die sonderpädagogische Beschulung im Bereich „Geistige Entwicklung“ sei nicht in Jahrgangsstufen organisiert.
Doch das stellt einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot der Schlechterstellung von Menschen mit Behinderung dar, entschied das Verwaltungsgericht jetzt im Eilverfahren. Die Schülerin habe daher vorläufig Anspruch auf Wiederholung des Abschlussjahres in ihrem bisher besuchten Bildungsgang.
Die Gesetzeslage, wonach Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Gegensatz zu anderen Schülern keinerlei Ausgleich für pandemiebedingte Nachteile erhalten, benachteilige die Betroffene, befand das Gericht. Maßgeblich für den Anspruch auf Wiederholung des Abschlussjahres sei, dass die Schülerin die Lernziele der sonderpädagogischen Berufsausbildungsvorbereitung wegen der Pandemie verfehlt habe.
Az.: VG 3 L 207/21