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Pflege

Diakonie Sachsen will tiefgreifende Reform



Seit Jahren beherrschen das Pflegesystem Unterfinanzierung sowie Fachkräftemangel. Die Diakonie Sachsen will spürbare Veränderungen, schlägt etwa eine soziale Bürgerversicherung vor. Zudem setzt sie auf den Ausbau der häuslichen Pflege.

Dresden (epd). Sachsens Diakonie mahnt eine grundlegende Struktur- und Finanzreform der Pflegeversicherung an. Diese sei nötig für eine gute Pflegequalität mit mehr Zeit für menschliche Zuwendung und genügend Personal, sagte Diakoniechef Dietrich Bauer am 27. Juli in Dresden. Damit notwendigerweise steigende Kosten müssten solidarisch getragen werden.

Um die bisherige Unterfinanzierung der Pflege und den Fachkräftemangel zu beenden, rege die Diakonie eine soziale Bürgerversicherung an, die alle Versicherten mit einbezieht, sagte Bauer. Die Beitragspflicht sei für alle Einkommensarten auszudehnen. Es brauche eine soziale Pflegversicherung. Das bedeute etwa auch, dass privat und gesetzlich Versicherte gleichermaßen in einen Topf einzahlen.

Private Pflege sollte gestärkt werden

Anders als die Diakonie Deutschland, die vor allem auf professionelle Pflege setze, wolle die sächsische Diakonie die private Pflege stärken. Schon jetzt würden vier von fünf Pflegebedürftigen zu Hause gepflegt, sagte Bauer. Daher sie die alleinige Fixierung auf einen Eigenanteil bei Heimplätzen aus Sicht der Diakonie Sachsen nicht zielführend.

„Wir wollen die familiäre Pflege stärken und setzen dabei auf ein Pflegeunterstützungsgeld analog des Elterngeldes und eine höhere Honorierung der Pflegezeiten in der Rentenversicherung“, sagte Bauer. Dafür notwendige entlastende Strukturen wie Tages- und Kurzzeitpflegen sowie ambulante Dienste seien zu stärken.

In Sachsen leben derzeit rund 250.000 Pflegebedürftige. Die Diakonie Sachsen versorgt nach eigenen Angaben in ihren Pflegeeinrichtungen und -diensten täglich rund 26.000 Menschen.

Mehr Zeit für Zuwendung

„Es geht um mehr Zeit für Menschlichkeit“, sagte Bauer. Pflegebedürftige Menschen sollten „mit der nötigen Zuwendung und Zeit gepflegt werden und Fachkräfte müssen mit der nötigen Sorgfalt, Fachlichkeit und Verantwortlichkeit ohne die Stoppuhr im Nacken ihre Arbeit tun dürfen“.

Zu anspruchsvoller Pflege gehöre aber auch eine faire tarifliche Bezahlung des Personals sowie eine attraktivere Ausbildung, sagte Bauer, der Vorstandvorsitzender der Diakonie Sachsen ist. Das alles sei nicht zum Null-Tarif zu haben. Pflege müsse aber bezahlbar bleiben, Eigenanteile müssten begrenzt und kalkulierbar sein. Dies sei ein wesentliches Thema für eine neue Bundesregierung. Eine weitere kleine Reform wie die jüngste brauche es nicht.

Begrenzter Eigenanteil bei den Kosten zumutbar

Laut Diakonie Sachsen sollten nicht alle pflegebedingten Ausgaben von der Versichertengemeinschaft getragen werden. Einen planbaren und begrenzten Eigenanteil an den pflegebedingten Kosten sowohl stationär als auch ambulant halte die Diakonie aber für zumutbar, sagte Bauer.

Nicht nur bundespolitisch, auch auf Landesebene gebe es Nachholbedarf. So etwa sehe die Diakonie Sachsen bei der Übernahme der Investitionskosten für Pflegeeinrichtungen den Freistaat in der Pflicht, um die pflegebedürftigen Menschen finanziell zu entlasten.

Die SPD-Fraktion im sächsische Landtag unterstützt den Vorstoß der Diakonie. „Die beschlossenen Reformschritte in der Pflegeversicherung können nur ein erster Schritt gewesen sein, denn grundlegende Änderungen stehen nach wie vor aus“, erklärte die Pflegeexpertin der Fraktion, Simone Lang.

Katharina Rögner