München, Berlin (epd). In der Frage nach der Zukunft der Impfzentren wollen die Gesundheitsminister von Bund und Ländern nach Worten von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) „miteinander die richtige Balance finden“. Man wolle für die Zeit nach September, wenn die bisher beschlossene Finanzierung der Impfzentren durch den Bund auslaufe, „vorbereitet sein für alles, was kommen kann“, sagte Spahn am 16. September nach der 94. Hauptkonferenz der Gesundheitsminister von Bund und Ländern in München. Zugleich wolle man eine große Infrastruktur nicht über viele Monate ungenutzt aufrechterhalten.
Spahn sagte, die Gesundheitsminister hätten auf jeden Fall den Kapazitätsbedarf für Auffrischungs-Impfungen im Blick. Man wisse allerdings noch nicht, wann diese erfolgen sollen oder müssen. Dabei sei man noch auf Informationen aus der Forschung angewiesen.
Dem Bundesgesundheitsminister schwebt dabei nach eigenen Angaben eine Art „Bereitschaftskonzept“ vor, um bei Bedarf die Impfkapazitäten schnell wieder hochfahren zu können. Das betreffe beispielsweise auch mobile Impfteams, die für künftige Auffrischungs-Impfungen in Senioren- und Pflegeeinrichtungen wieder nötig sein würden, sagte der CDU-Politiker weiter.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sprach in diesem Zusammenhang von „Impfzentren 2.0“. Es brauche bei dem Thema auf jeden Fall eine Weiterentwicklung. Die Ressortchefs der Länder seien nun „noch einmal beauftragt“ worden, ein Konzept vorzulegen, sagte Holetschek.
Ungeachtet dessen bereiten mehrere Bundesländer zumindest die Schließung einzelner Impfzentren vor. Ein einheitlicher Termin dazu ist nicht zu erwarten. Wann welche Impfzentren schließen, wird derzeit noch intern diskutiert. Der Städtetag fordert den Weiterbetrieb der Impfstraßen, die Hausärzte sind dagegen.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom 16. Juni sind 28,8 Prozent der Gesamtbevölkerung) vollständig geimpft. Insgesamt haben 49,6 Prozent der Bürgerinnen und Bürger mindestens eine Impfdosis erhalten.
bislang 25,7 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland vollständig geimpft. 48,1 Prozent haben ihre erste Impfung bekommen. Koch-Instituts vom 12. Juni sind bislang 25,7 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland vollständig geimpft. 48,1 Prozent haben ihre erste Impfung bekommen.
„Noch sind die Impfzentren ein wichtiger Bestandteil der Impfkampagne“, betonte das Bundesgesundheitsministerium auf Nachfrage. Die Gesundheitsministerkonferenz habe im März beschlossen, dass der Bund den Betrieb der Impfzentren bis mindestens zum 30. September 2021 finanziert: „Das ist der Stand der Dinge.“
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, forderte Bund und Länder auf, für eine weitere Finanzierung zu sorgen. „Die Impfzentren machen einen guten Job. Die Teams sind eingespielt“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Er wies darauf hin, dass Verträge, die die Kommunen geschlossen haben, bis Ende Juni gekündigt werden müssten, wenn die weitere Finanzierung nicht gesichert sei. „Wenn hier der Schalter umgelegt ist, sind die Impfzentren bald zu - dann wohl endgültig.“
Für eine komplette Schließung der Zentren sprach sich dagegen der Hausärzteverband aus. Es sei „mehr als fraglich, Strukturen aufrechtzuerhalten, von denen man immer wieder hört, dass die Kosten pro Impfung etwa zehnmal so teuer sind wie in den Praxen“, sagte Verbandschef Ulrich Weigeldt. „Anstatt die Impfzentren künstlich am Leben zu erhalten, sollte die Politik ihre Energie lieber in eine sinnvolle Planung der Impfstoffbereitstellung für die Auffrischungsimpfungen stecken.“
Die Corona-Impfzentren würden im Idealfall nicht mehr lange notwendig sein, sagte der Verbandschef dem epd. „Wenn die Impfstoffmenge wie auch die Zahl der Geimpften weiter steigen, werden die Impfzentren früher oder später zu einem Auslaufmodell werden“. Die Corona-Schutzimpfung müsse spätestens mit Beginn der Auffrischungsimpfungen Teil der hausärztlichen Routine werden.
Die Hausärzte hofften darauf, dass in Sachen Impfungen die Logistik stimme. Bestellungen wie Lieferungen der Vakzine müssten reibungslos ablaufen und keinen zusätzlichen Aufwand für die Ärztinnen und Ärzte bedeuten, sagte Weigeldt. Aktuell sei der Impfstoff knapp und werde oftmals nur unzuverlässig geliefert.
Hessen hatte jüngst als erstes Bundesland bekanntgegeben: Ende September ist Schluss mit dem Spritzensetzen in den 28 Impfstraßen. „Impfungen werden dann weiterhin in der ärztlichen Regelversorgung in Arztpraxen und durch Betriebsärzte erfolgen“, so das zuständige Ministerium.
Nach dem Stand vom 10. Juni laufen die Impfzentren in Baden-Württemberg bis zum 15. August. Das Hamburger Impfzentrum in den Messehallen soll bis mindestens August in Betrieb sein.
Sachsen will die Corona-Impfzentren bis mindestens Ende September offen halten. „Wir wollen flexibel bleiben, auch wenn die Impfbereitschaft sinken sollte“, sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) am 15. Juni in Dresden. Ein Grund für die Verlängerung des Betriebes sei, dass es momentan keine zuverlässige Lieferung angekündigter Impfdosen in den Arztpraxen gebe.
Zudem bestehen Köpping zufolge regionale Unterschiede bei der Beteiligung von niedergelassenen Ärzten und Ärztinnen an der Impfkampagne. Daher brauche es „einen stabilen Faktor“. Die sachsenweit 13 Impfzentren sowie die mobilen Teams sollen Unterschiede und Unwägbarkeiten ausgleichen. Die Verlängerung des Betriebes der Impfzentren kostet Köpping zufolge weitere 52 Millionen Euro, die Hälfte übernehme der Bund. Ob die sächsischen Zentren für Auffrischungsimpfungen von Oktober an einsatzbereit bleiben, ist noch offen.
Bremen, das drei Impfzentren betreibt, schließt eines schon Ende Juni. Das sei aber von Beginn an so geplant gewesen, heißt es im Gesundheitssenat: „Zur Schließung der anderen Impfzentren gibt es keine konkreten Pläne.“
In Brandenburg werden 14 Impfzentren betrieben, von denen 11 unter der Verantwortung der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg stehen. „Der Vertrag zwischen der KVBB und dem Gesundheitsministerium endet mit Ablauf des 31. Juli“, sagte ein Sprecher. Ob einzelne Impfzentren danach in kommunale Trägerschaft übergehen, kläre derzeit das Gesundheitsministerium.
In Berlin rechnet der Senat damit, dass die Impfzentren auf absehbare Zeit noch benötigt werden. Pläne, bis Ende September die Zentren schrittweise zu schließen, wurden zuletzt vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) wieder infrage gestellt. „Uns von Seiten der Länder war sehr wichtig, dass wir noch einmal festhalten konnten, dass es nicht in Stein gemeißelt ist, dass am 30.9. die Impfzentren vom Netz gehen“, hatte Müller nach den Beratungen der Länderchefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am 10. Juni erklärt.
In Niedersachsen wird die Frage, wann die Impfzentren ihren Betrieb einstellen können, „vom Verlauf der Impfkampagne über den Sommer und den entsprechenden Bund-Länder-Beratungen abhängig sein“. Auch in Rheinland-Pfalz ist ein Ende der Impfzentren noch nicht terminiert: Bevor diese Struktur abgeschafft werde, müsse klar sein, wie die Impfkampagne ohne Impfzentren möglichst effektiv fortgesetzt werden könne. In Nordrhein-Westfalen sieht man sich derzeit nicht in der Lage, zum Thema Auskunft zu geben. Das gleiche gilt für Thüringen und das Saarland.