sozial-Recht

Bundessozialgericht

Bund darf sich nicht bei Krankenkassenbeiträgen bedienen



Kassel (epd). Der Bund darf nicht zur Finanzierung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf Krankenkassenbeiträge zugreifen. Die gesetzliche Regelung zur Finanzierung von Präventionsaufgaben bei der BZgA ist verfassungswidrig und verletzt das Selbstverwaltungsrecht der gesetzlichen Krankenkassen, urteilte am 18. Mai das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel. Wegen des damit verbundenen Wegfalls von jährlich rund 30 Millionen Euro muss die Kölner Bundesbehörde nun auf einen wesentlichen Haushaltsmittelposten verzichten.

Hintergrund des Rechtsstreits ist das sogenannte Präventionsgesetz aus dem Jahr 2015. Dessen Ziel ist eine verbesserte Gesundheitsförderung und Prävention in den Lebenswelten der Menschen, wie Kita, Schule, Arbeitsplatz oder Pflegeheim. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen dabei von der BZgA unterstützt werden.

45 Cent für jeden Versicherten

Die Krankenkassen wurden hierfür gesetzlich dazu verpflichtet, mindestens 45 Cent für jeden Versicherten an den Bund zu zahlen, der wiederum die BZgA damit finanziert. Jährlich kamen so durchschnittlich 30 Millionen Euro zusammen. 2020 war die Zahlungspflicht wegen der Corona-Pandemie ausgesetzt.

Der Verwaltungsrat des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sperrte für 2016 jedoch die Auszahlung der Mittel. Die gesetzliche Regelung sei verfassungswidrig und verletzte die Kassen in ihrem Selbstverwaltungsrecht, hieß es zur Begründung. Die Beiträge zur Finanzierung der BZgA betreffe gar nicht die Sozialversicherung, sondern sei Bundessache. Versichertenbeiträge dürften dafür nicht verwendet werden.

Allgemeiner Finanzbedarf

Das Bundesgesundheitsministerium hob als Aufsichtsbehörde diese Entscheidung auf. Die Krankenkassen müssten den gesetzlichen Auftrag ausführen. Auf Grundrechte könnten sie sich als öffentlich-rechtliche Körperschaft nicht berufen.

Das BSG urteilte, dass die gesetzliche Verpflichtung der Krankenkassen, die BZgA mitzufinanzieren, verfassungswidrig sei. Das Ministerium habe bereits auf einer falschen Rechtsgrundlage die Entscheidung der GKV aufgehoben.

Der Staat dürfe nicht zur Befriedigung seines allgemeinen Finanzbedarfs auf Mittel der beitragsfinanzierten Sozialversicherung zurückgreifen. Prävention sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und nicht allein Sache der Krankenkassen, entschied das Gericht in seinem Grundsatzurteil.

Az.: B 1 A 2/20 R