sozial-Recht

Arbeitsgericht

Unentgeltliches MAV-Ehrenamt eines Diakonie-Arztes wird bezahlt



Aachen (epd). Ein in einer diakonischen Klinik nebenberuflich angestellter und dort nur noch für die Mitarbeitervertretung (MAV) tätiger Arzt muss in dem Ehrenamtes nicht auf eine Vergütung verzichten. Denn besteht laut Arbeitsvertrag ein Arbeitsverhältnis, tritt die Regelung im kirchlichen Mitarbeitervertretungsgesetz, welches die MAV-Tätigkeit als unentgeltliches Ehrenamt vorsieht, zurück, entschied das Arbeitsgericht Aachen in einem am 5. Mai bekanntgegebenen Urteil. Dies gelte auch dann, wenn der Arzt in seinem Nebenberuf in der Klinik freigestellt und nur noch für die MAV tätig wird.

Im Streitfall ging es um einen Gefäßchirurgen einer diakonischen Klinik. Als der Klinikbetreiber ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) errichtete, suchte dieser hierfür ärztliches Personal. Der Gefäßchirurg, der in der Klinik auch Vorsitzender der dortigen MAV war, erklärte sich bereit, zum MVZ zu wechseln. Er verlangte jedoch, dass er neben seiner Vollzeitbeschäftigung im MVZ weiter in der Klinik nebenbeschäftigt wird und seine MAV-Tätigkeit ausüben könne.

Neuer Klinikchef wollte sparen

Der Krankenhausträger und der Arzt vereinbarten daraufhin die schrittweise Reduzierung der Arbeitszeit. Für die verbliebene Arbeitszeit wurde er dann für die MAV-Tätigkeit freigestellt.

Als der Vorstandsvorsitzende des Klinikbetreibers wechselte, wollte dieser die Vergütung des Arztes in Höhe von zuletzt 8.678 Euro monatlich sparen. Es handele sich gar nicht um einen Arbeitsvertrag, sondern vielmehr nur um eine Vereinbarung, die die MAV-Tätigkeit vergüten solle.

Solche Regelungen seien aber nach dem Mitarbeitervertretungsgesetz nichtig, so die Klinik. MAV-Mitglieder dürften wegen ihres Ehrenamtes nicht bezahlt werden.

Vorrang vor kirchlichem Arbeitsrecht

Der Mediziner klagte vor Gericht. Die geschlossene Vereinbarung sei ein Arbeitsvertrag gewesen. Danach stehe ihm die darin enthaltene Vergütung zu.

Das Arbeitsgericht urteilte, dass der Gefäßchirurg in einem Arbeitsverhältnis mit der Klinik steht. Er habe Anspruch auf ausstehenden Lohn in Höhe von 51.898 Euro. Zwar sehe das Mitarbeitervertretungsgesetz für die MAV-Tätigkeit vor, dass diese unentgeltlich erfolge. Hier habe es sich aber nicht um eine Vereinbarung zur Entlohnung der MAV-Tätigkeit gehandelt, sondern um einen Arbeitsvertrag mitsamt geregelter Stundenzahl.

Mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stellten die Aachener Richter klar, dass der privatautonom abgeschlossene Arbeitsvertrag Vorrang vor kirchliche Arbeitsrechtsregelungen habe. Die Vorschrift zur unentgeltlichen MAV-Tätigkeit im Mitarbeitervertretungsgesetz sei „Bestandteil der kirchlichen Ordnung, deren Aufrechterhaltung nicht Aufgabe der staatlichen Arbeitsgerichte“ sei.

Az.: 6 Ca 3433/20