Haltern am See (epd). Das Bett mit dem Patienten liegt hinter zwei Türen mit Fenstern. Dazwischen eine Schleuse, kein Virus soll nach draußen dringen. Bevor sie den Raum betreten, legen die Pflegerinnen und Pfleger ihre Schutzkleidung an. Der Ablauf ist auf einem Poster beschrieben: Erst der Kittel, dann die Schutzbrille, Maske, Haube und Handschuhe. „Die Pflege von Covid-Patienten ist sehr aufwendig und anspruchsvoll“, sagt Lars Heining, Chefarzt der Pneumologie im Sankt-Sixtus-Krankenhaus in Haltern am See, „aber Sicherheit geht vor“.
In der Kleinstadt im nördlichen Ruhrgebiet werden derzeit nur drei an Covid-19 erkrankte Patienten in der Klinik behandelt. Ein jüngerer Mann, der erst auf der Intensivstation behandelt werde musste, konnte dann auf die Normalstation verlegt werden. Zwei Frauen, die noch unter den Folgen der Erkrankung leiden, liegen auf einer Spezialstation für Beatmung. Ob das angesichts der aktuell steigenden Infektionszahlen die Ruhe vor dem Sturm ist, werden die nächsten Wochen zeigen.
Das Sankt-Sixtus-Krankenhaus in Haltern gehört zum Klinikverbund der KKRN „Katholisches Klinikum Ruhrgebiet Nord GmbH“, dem noch drei weitere Krankenhäuser in den Städten Dorsten, Marl und Herten-Westerholt angeschlossen sind. Auch in diesen Orten steigen die Infektionszahlen in den letzten Tagen stark an. Sie liegen bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 86,8 (Marl) bis 111 (Haltern) (Stand: 25. März). Der Infektionsschutz in den Krankenhäusern wird daher großgeschrieben. Krankenbesuche sind auf allen Stationen nur in Ausnahmen möglich, das Gebäude darf nur nach einem negativen Schnelltest betreten werden. Die Beschäftigten werden alle ein bis zwei Wochen getestet.
„Wir haben eine Station für alle Neuaufnahmen eingerichtet“, erläutert Chefarzt Heining. Jeder Patient kommt zunächst auf diese Station, wird getestet und erst nach negativem Ergebnis auf die zuständige Abteilung verlegt. Dieses System soll größtmögliche Sicherheit gewährleisten. Denn die Ärzte stellen mit Sorge fest, dass manche Menschen mit ernsten Symptomen aus Angst vor einer Corona-Infektion zu spät ins Krankenhaus kommen. „Wenn eine Blinddarm-Erkrankung verschleppt wird, kann das zu einer Entzündung des gesamten Bauchraumes führen“, erläutert Markus Reidt, Chefarzt für Intensiv- und Notfallmedizin im Klinikverbund. Bei dieser sonst leicht zu operierenden Erkrankung sei dann eine intensivmedizinische Behandlung notwendig.
Insgesamt, sagt Reidt, seien die Intensivstationen des Klinikverbundes in der Pandemie durchgehend gut ausgelastet. Während der hohen Infektionszahlen im Januar seien parallel zwölf Covid-Patienten auf den vier Intensivstationen des KKRN-Klinikverbundes behandelt worden.
Bundesweit gibt es nach Angaben der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) rund 24.000 Intensivbetten. Davon sind (Stand: 24. März) 3.249 mit Covid-Patienten belegt, 17.469 mit anderen Erkrankten. Die Divi befürchtet, dass durch die steigende Inzidenz die Intensivstationen bald noch voller werden. Das Pflegepersonal sei sehr belastet, zahlreiche ausgebildete Fachkräfte hätten ihren Beruf deshalb bereits aufgegeben.
Für den KKRN-Klinikverbund bestätigt Markus Reidt, dass schon während des Regelbetriebes die Personaldecke „sehr dünn“ sei. So könnten auf einer speziellen Beatmungsstation zwei weitere Betten eingerichtet werden - „wenn es der Arbeitsmarkt hergeben würde“.
Dabei hat diese sogenannte „Weaning-Station“ in Haltern überregionale Bedeutung. Dorthin werden auch Patienten aus anderen Städten verlegt, die bei einer schweren Covid-Erkrankung lange beatmet wurden. „Diese Patienten müssen jetzt wieder lernen, selbstständig zu atmen“, erläutert Lungenfacharzt Heining.
In der Klinik sitzen in der Mittagszeit sitzen gerade zwei Krankenschwestern in blauen Kitteln im Pausenraum. Angst sich anzustecken haben die beiden nicht. „Wir sind durch die Kleidung geschützt“, sagen sie. Außerdem seien alle Pflegekräfte geimpft.