» Sozialverbände sehen Probleme bei begrenzter Impfpflicht
» Caritas-Umfrage: Pandemie lässt Wir-Gefühl schwinden
» Ex-Verfassungsrichter sieht Umsetzung der Impfpflicht skeptisch
» VdK fordert für Hartz-IV-Empfänger Kostenübernahme für FFP2-Masken
» Ver.di: Kitas brauchen verpflichtende Teststrategie
» AWO: Sozialpolitische Reformen entschlossen umsetzen

Corona

Sozialverbände sehen Probleme bei begrenzter Impfpflicht




Impfung einer Pflegekraft in Frankfurt am Main im Dezember 2020
epd-bild/dpa-Pool/Andreas Arnold
Die Corona-Impfpflicht für das Personal in der Pflege und im Gesundheitswesen bereitet den dort tätigen Verbänden zunehmend Sorge. Viele Fragen sind offen, die Betroffenen sehen mit Argwohn, dass eine allgemeine Impfpflicht auf sich warten lässt.

Berlin (epd). Die Warnungen vor negativen Auswirkungen der Corona-Impfpflicht für das Pflege- und Gesundheitspersonal werden lauter. Die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Maria Welskop-Deffaa, sagte am Dienstag in Berlin, es sei durchaus denkbar, dass die Impfpflicht ihr Ziel verfehle, die Situation in den Einrichtungen zu stabilisieren.

Der Paritätische Gesamtverband spricht in einem Brandbrief an alle Bundestagsabgeordneten von „großer Sorge“ bei seinen Mitgliedseinrichtungen, und die Diakonie Deutschland fordert, die Einrichtungen dürften mit der Verantwortung nicht alleingelassen werden.

Welskop-Deffaa erklärte, wenn wegen der Impfpflicht Personal abwandere, werde man schnell nachsteuern müssen. In ihrem Verband gebe es entsprechende Signale aus Bundesländern wie Thüringen, Bayern oder Baden-Württemberg, wo die Zahl der Impfskeptiker höher und auch unter den Beschäftigten in Caritas-Einrichtungen größer sei als etwa in Nordrhein-Westfalen oder Schleswig-Holstein. Die Leitungen berichteten, dass Kolleginnen und Kollegen ankündigten, sich ab März andere Beschäftigungen zu suchen, sagte sie.

Der Deutsche Pflegerat geht davon aus, dass Kündigungen vorwiegend von Beschäftigten mit unterstützenden Tätigkeiten wie Betreuungsassistenten oder Küchenpersonal zu erwarten sind. Pflegerats-Präsidentin Christine Vogler sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag), in diesen Berufsgruppen herrsche „eine etwas geringe Impfquote“ als beim Pflegepersonal. Die Präsidentin des Deutschen Berufsverbands für Pflegeberufe, Christel Bienstein, sagte den Funke-Zeitungen, jede Kündigung verschärfe den Personalmangel in der Pflege.


 
 

Corona

Caritas-Umfrage: Pandemie lässt Wir-Gefühl schwinden



Berlin (epd). Die Corona-Krise lässt das Zusammenhaltsgefühl in der Gesellschaft schwinden. Das geht aus einer Umfrage im Auftrag des Deutschen Caritasverbandes hervor, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Danach ist eine große Mehrheit von 72 Prozent der Befragten der Meinung, der gesellschaftliche Zusammenhalt habe unter der Pandemie abgenommen oder sogar „deutlich“ (37 Prozent) gelitten. 25 Prozent meinem demgegenüber, der Zusammenhalt habe etwas oder „deutlich“ (fünf Prozent) zugenommen.

Der Politik trauen die meisten Menschen nicht zu, den Trend umzukehren. Nur knapp ein Drittel der Bevölkerung glaubt, dass Parteien und Regierungen das Wir-Gefühl fördern können. Unter 14- bis 29-Jährigen ist der Anteil mit 17 Prozent besonders niedrig. Offenbar wirke sich bei den Jüngeren aus, dass viele der Corona-Maßnahmen vor allem im ersten Jahr der Pandemie sie besonders belastet hätten, hieß es.

Gut zwei Drittel der Bevölkerung sehen die Fähigkeit, Zusammenhalt zu fördern, hingegen bei Vereinen und Verbänden und bei den ehrenamtlich Tätigen, die sich für andere Menschen engagieren. An zweiter Stelle stehen die Anbieter sozialer Hilfen wie der Caritasverband selbst und andere soziale Träger. Das Umfrageinstitut forsa befragte für die repräsentative Erhebung im Auftrag des katholischen Wohlfahrtsverbandes im Dezember und Januar telefonisch jeweils 1.000 Menschen über 14 Jahren.


 
 

Corona

Ex-Verfassungsrichter sieht Umsetzung der Impfpflicht skeptisch



Berlin (epd). Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit einer allgemeinen Impfpflicht. „Auf der Basis des jetzigen Wissens- und Erkenntnisstands kann man meines Erachtens nicht überzeugend begründen, dass eine allgemeine gesetzliche Impfpflicht den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit entsprechen wird“, schreibt Papier in einer Beurteilung, aus der die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstag) zitieren. Derzeit sei die Sache nicht entscheidungsreif.

Mit Blick auf die Erforderlichkeit einer Impfpflicht müsse geklärt werden, „ob infolge der Omikron-Mutante oder möglicherweise neuer in der Zukunft auftretender Mutanten ohne allgemeine Impfung immer noch schwerwiegende Erkrankungen in nennenswertem Umfang zu befürchten wären“, schrieb der ehemalige Verfassungsrichter. Eine Begrenzung der Impfpflicht auf die älteren Personengruppen sei auf jeden Fall ein milderes Mittel.

Die Verhältnismäßigkeit der Grundrechtseingriffe sei „sehr unterschiedlich je nachdem, ob es bei einer Impfung um einen mehr oder weniger einmaligen Vorgang oder ob es um stetig zu wiederholende Impfungen der Bürgerinnen und Bürger mit möglicherweise nur eingeschränkt wirkenden Impfstoffen geht“, erklärte Papier. Auch diese Frage sei gegenwärtig offen. Skeptisch äußerte sich der Jurist auch darüber, wie Sanktionen durchgesetzt werden könnten. Ohne ein zentrales Impfregister blieben Impfverweigerer in aller Regel den Behörden unbekannt.

Die grundsätzliche Eignung einer allgemeinen Impfpflicht bestreitet Papier nicht. Zwar könnten die Impfstoffe „nicht verhindern, dass geimpfte Personen sich infizieren und diese Infektion an andere Personen, selbst wenn diese vollständig geimpft sind, weitergeben“. Allerdings würden die Impfungen das Risiko schwerer oder tödlich endender Erkrankungen nach übereinstimmender Auffassung weitgehend verhindern - und damit das Gesundheitssystem entlasten und vor dem Kollabieren schützen.


 
 

Corona

VdK fordert für Hartz-IV-Empfänger Kostenübernahme für FFP2-Masken



Berlin (epd). Der Sozialverband VdK fordert Unterstützung für Hartz-IV-Empfänger in der Corona-Pandemie. Angesichts der Gefahren durch die Omikron-Variante des Virus sollte der Staat die Kosten für FFP2-Masken übernehmen. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte am Dienstag in Berlin, für jene, „die kaum über die Runden kommen, wie Pflegebedürftige, Menschen mit kleinen Renten und Grundsicherungsbezieher, sind regelmäßig frische FFP2-Masken zu teuer“.

Im Moment seien im Hartz-IV-Regelsatz für Gesundheitskosten 17 Euro im Monat vorgesehen. „Das ist viel zu wenig“, sagte Bentele und forderte Hilfen auch für Menschen mit geringen Einkommen wie Empfänger von Wohngeld oder Kinderzuschlag sowie für kinderreiche Familien. Auch Pflegebedürftige bräuchten Unterstützung, die Bundesregierung müsse die Pflegehilfsmittelpauschale dringend wieder auf 60 Euro hochsetzen, sagte Bentele und nannte es „völlig unverständlich“, dass die Regelung zum Jahresende 2021 nicht verlängert wurde.

Der Bund plant derzeit für Hartz-IV-Bezieher keine zusätzlichen finanziellen Hilfen. Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums verwies am Montag auf die in der Vergangenheit geleistete Unterstützung unter anderem zur Anschaffung von FFP2-Masken sowie auf Initiativen der Länder, die Masken an Bedürftige verteilen. Das ist unter anderem in Berlin der Fall.


 
 

Niedersachsen

Ver.di: Kitas brauchen verpflichtende Teststrategie



Hannover (epd). Angesichts der immer weiter steigenden Corona-Inzidenzen in Niedersachsen fordert die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di eine verpflichtende Teststrategie auch für Kinder in Kindertageseinrichtungen. „Auf diese Weise kann gewährleistet werden, dass Infektionen auch in den Kitas frühzeitig erkannt werden und Kinder, die das Virus weitergeben könnten, die Einrichtungen nicht besuchen“, sagt Gewerkschaftssekretärin Katja Wingelewski am Dienstag in Hannover. Nur so könne der Betrieb in den Kitas aufrecht erhalten bleiben und Beschäftigte, Kinder und deren Eltern geschützt werden.

„In den Schulen müssen sich die Kinder laut Landesregularien richtigerweise derzeit täglich testen - für die Kindertageseinrichtungen gibt es keine solchen verbindlichen Regeln, obwohl dort ebenso Normalbetrieb herrscht und die Abstandsregeln kaum eingehalten werden können“, sagte Wingelewski. Dass eine verpflichtende Teststrategie für Kinder in Kindertageseinrichtungen in die aktuelle Corona-Verordnung nicht mit aufgenommen wurde, sei nicht nachvollziehbar.

Die Sorge der Kolleginnen und Kollegen nehme zu. In den vergangenen Wochen wurde überall der Schutz von Beschäftigten wie Angehörigen erhöht, auch durch die Einführung der 3G-Regel. Nur im Kita-Bereich, gerade dort wo der Umgang mit Kindern, die nicht geimpft werden können, zum Alltag gehört, gebe es keine verpflichtenden Tests der Kinder", sagt Wingelewski weiter.


 
 

Verbände

AWO: Sozialpolitische Reformen entschlossen umsetzen



Berlin, den 17.01.2021. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) hat eine umfassende Bewertung des Koalitionsvertrages veröffentlicht und fordert eine „entschlossene Umsetzung“ der angekündigten sozial- und gesellschaftspolitischen Vorhaben. Die Stoßrichtung stimme, heißt es in der am Montag veröffentlichten Erklärung. Mehr Gerechtigkeit und Zusammenhalt seien auch mit Blick auf die Bewältigung anstehender Herausforderungen wie Pandemiebekämpfung, sozial-ökologische Transformation und Digitalisierung von zentraler Bedeutung, so der Verband.

Die im Koalitionsvertrag verankerten sozialen Vorhaben müssten sich daran messen lassen, „ob sie den sozialen Zusammenhalt stärken und Armut abbauen“, betonte AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner. Viele Instrumente in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik hätten das Potenzial, die soziale Lage der Menschen konkret und spürbar zu verbessern. Auch in der Gesellschaftspolitik sehe die AWO wichtige Fortschritte."

AWO-Präsident Michael Groß merkte an, sein Verband hätte sich beim Abbau von Vermögensungleichheit mehr Mut gewünscht. „Unsere Gesellschaft wird immer ungleicher. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit und der Demokratie, hier umzusteuern.“

„Bei der Ausgestaltung und Umsetzung darf es an den Finanzen nicht scheitern“, Sagte AWO-Bundesvorsitzender Jens M. Schubert, "Es wird also darauf ankommen, ob die Vorhaben mit den dafür benötigten finanziellen Mitteln unterlegt werden. Bei der Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen und den Regelsätzen in der Grundsicherung müsse im Laufe der Legislaturperiode dringend nachgesteuert werden.