Ségou (epd). Der Fluss Niger glitzert silberfarben in der Sonne. In der Ferne fährt eine Piroge mit Fischern vorbei. Ein paar Meter vom Ufer entfernt ist auf dem Wasser eine riesige Bühne aufgebaut. Der Auftakt zum 21. Ségou'Art-Festival Anfang Februar ist hochoffiziell: Zwanzig Minister aus Mali, Niger und Burkina Faso sind dabei. Trommler und Tänzer wirbeln mit ihren akrobatischen Vorführungen Staub auf.

Das traditionelle Festival in Malis viertgrößter Stadt Ségou steht im Zeichen politischer Umwälzungen. Die Schirmherrschaft hat General Assimi Goïta übernommen, der seit 2020 Chef einer Übergangsregierung ist. Er hat 2025 zum „Jahr der Kultur“ ausgerufen. Im Rahmen des Festivals unterzeichneten die Sahelstaaten Mali, Niger und Burkina Faso ein Kulturabkommen.

„Gleiche Geschichte und gleiche Kultur“

In allen drei Ländern haben sich in den vergangenen Jahren Militärs an die Macht geputscht. Im Sommer 2023 gründeten die Staaten die Sahelallianz, ein Verteidigungsbündnis. Nun werde die Allianz auf die Kultur ausgeweitet, erklärt Malis Außenminister Abdoulaye Diop in Ségou: „Unsere Länder teilen die gleiche Geschichte und die gleiche Kultur.“ Es sei sehr wichtig, dass „unsere Völker ihre Identität kennen“.

So ist das Ségou'Art Festival der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Kulturveranstaltungen im Sahelraum. Als nächstes Event steht ab 22. Februar das Filmfestival Fespaco in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou an.

Bis heute warnt das Auswärtige Amt vor Reisen nach Mali. Doch sei die Lage in den letzten Monaten besser geworden, behaupten die Malier, die aus allen Landesteilen nach Ségou gekommen sind. Schätzungsweise 40.000 Besucher bummeln während des einwöchigen Festivals durch die Stadt. Kinder verkaufen Luftballons, Frauen bieten Bananen an, Männer tragen Waren durch die Gegend. Niemand stört sich an den Soldaten in Tarnkleidung, die überall mit Maschinenpistolen positioniert sind. Einige tragen olivfarbene Masken, die nur die Augen freilassen.

Auch politische Botschaften im Sinn der Machthaber

Der Designer Mamadou Fofana schlendert in einer traditionellen, braun-gemusterten Baumwollhose und einem hellen Hemd Richtung Festival. Er zeigt sich zufrieden mit den politischen Verhältnissen. „Wenn ein Teil des Landes brennt, leidet das ganze Volk“, erinnert der 27-Jährige an unruhigere Zeiten: „In manchen Jahren konnte das Festival nicht auf dem Nigerfluss stattfinden wie heute.“ Die Militärs hatten ihren Staatsstreich auch damit begründet, dass die gewählten Regierungen die Sicherheitslage nicht verbessert hätten.

Die auf dem Festival ausgestellten Kunstwerke verbreiten zum Teil politische Botschaften im Sinn der Militärregierung. In der „Halle der Sahelstaaten“ etwa geht es um das Thema „Frieden“. Abdul Rasmane Ouedraogo aus Burkina Faso ist Maler und Gendarm, er posiert in Uniform vor seinen Gemälden. Eines seiner Werke trägt den Titel „Tag des Sieges für die Sahel-Allianz“. Es zeigt einen Soldaten, der die Finger zum Victory-Zeichen hebt - in der einen Hand die Waffe, in der anderen eine Fahne der „Vereinten Sahelstaaten“: „Das zeigt, dass der Krieg mit einem Sieg beendet wurde“, sagt der Künstler mit Blick auf die vergangenen Jahre, die von Kämpfen zwischen Tuareg-Rebellen, Dschihadisten und Armeen bestimmt waren.

Kaum Kritik an politischer Instrumentalisierung

Aber in den 100 Ausstellungssälen sind auch internationale Größen der zeitgenössischen afrikanischen Kunst präsent, etwa Abdoulaye Konate aus Mali und Barthélémy Toguo aus Kamerun. Es sei kein Festival der „Forderungen der Sahelallianz“, betont Toguo: „Dieses Fest soll den Afrikanern verständlich machen, dass ihre Kultur gleichwertig ist mit denen der anderen Völker dieser Welt.“

Gegründet und 20 Jahre lang geleitet hat das Festival der heutige malische Kulturminister Mamou Daffé, der auf den Veranstaltungen wie ein Rockstar empfangen wird. „Unsere Aufgabe ist es, Gelegenheiten zu schaffen, auf denen sich die Bevölkerung austauschen kann“, sagt Daffé: „Kultur schafft Sinn, Wohlstand und Entwicklung.“

Die Schirmherrschaft der von russischen Söldnern unterstützten Militärregierung stellt für die Festival-Teilnehmer offensichtlich kein Problem dar: Die politische Instrumentalisierung der Kultur stößt kaum auf Kritik.

Der Sahel-Experte Ulf Laessing von der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung empfiehlt einen differenzierten Blick: Man dürfe die kulturpatriotische Rhetorik „nicht überbewerten“. „Die Regierungen profitieren von antifranzösischen Ressentiments in ganz Westafrika“, sagt er in Bezug auf die frühere Kolonialmacht Frankreich, die an Einfluss verliert. Die aktuellen Machthaber „profilieren sich mit dem neuen Bündnis als neue Kraft in Afrika, in der Tradition der Panafrikanisten.“ Politischer Überschwang gehöre bei jedem Festival dazu.