Trier (epd). Ein französischer Salon mit rosafarbenen Wänden, ein dunkler Raum, dann wieder ein heller mit einer Ornamenttapete. Das Stadtmuseum Simeonstift nähert sich so den Lebensstationen von Karl Marx (1818-1883). Jeder Stadt ist ein solcher Raum gewidmet - von Trier über Paris bis nach London. Dazu kommt in der Mitte eine zentrale Medienstation mit Informationen zum Netzwerk des Philosophen vor Ort und Dokumenten sowie Briefwechseln. Seit dem 5. Mai ist die Doppelausstellung unter dem Titel "Karl Marx 1818-1883. Leben. Werk. Zeit" im Stadtmuseum und im Rheinischen Landesmuseum Trier zu sehen.
In fast allen Räumen kommen auch die Themen Armut und Emigration vor. Mal sind es die Straßenkinder in Paris, mal ein Mädchen, das an einem Webstuhl arbeitet, mal eine Gruppe europäischer Emigranten in einem kleinen Ruderboot auf stürmischer See. Im Trierer Raum können die Besucher eine Armutskarte der Stadt entdecken und sehen, wo die Armen lebten, die rund 80 Prozent der Bevölkerung ausmachten.
"Vier Marxe"
Diese Ausstellung zu Marx und seinen Lebensstationen ist nicht die einzige, die am 5. Mai in seiner Geburtsstadt Trier startete. Auch im Karl-Marx-Haus der Friedrich-Ebert-Stiftung beginnt eine neue Dauerausstellung. Es gehe darum, das Geburtshaus des Philosophen als größtes Exponat wieder sichtbar zu machen, erklärt Kuratorin Ann-Kathrin Thomm. Es solle sich wie ein Wohnhaus anfühlen. Die Informationen sind meist mit einer Handschrift an den Wänden zu entdecken. Es geht um die Herkunft des Philosophen, seine Arbeitsweise und die Wirkung seiner Thesen.
"Wir stellen vier 'Marxe' vor", betont Thomm: den Journalisten, den Philosophen, den Gesellschaftswissenschaftler und den Ökonomen. Marx sei für viele Menschen ein Stichwortgeber gewesen. "Es gab nur einen gewissen Fundus und daraus bauten sich Intellektuelle ihren Marx", erklärt die Kuratorin.
Weiter weg von Marx entfernt sich das Museum am Dom. Unter dem Titel "LebensWert Arbeit" bietet es eine Ausstellung zur Arbeit heute - anhand von zeitgenössischen Werken. Die Schau ist nach Modulen thematisch aufgeteilt, darunter Globalisierung, Soziallehre und Arbeitsplatz. "Viele Menschen fragen sich, wie dieser aussehen wird, ob sie überhaupt noch einen haben oder durch einen Androiden ersetzt werden", erklärt Kuratorin Gabriele Lohberg. So zeigen einige Fotos, wie ein Roboter aussähe, der heute schon die Arbeit eines Menschen erledige.
"An allem ist zu zweifeln"
Textilfabriken in Bangladesch oder rumänische Feldarbeiter in Rheinland-Pfalz sind ebenso präsent wie Videostationen zum Thema kreative Arbeit. In einer ist zu sehen, wie ein Roboter ein Selbstporträt malt. Auch die katholische Soziallehre kommt mit dem Trierer Oswald von Nell-Breuning vor. Sein Arbeitsraum mit Schreibmaschine, Bett und Schreibtisch ist nachgestellt, im Hintergrund läuft klassische Musik, immer wieder sind Videoausschnitte von Maidemonstrationen zu sehen.
Nach den Worten der rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) soll das Marx-Jubiläum einen Perspektivwechsel ermöglichen. Vielen Menschen sei nur eine einzige Facette des Philosophen bekannt, betont sie. "Marx ist streitbar." Die Ausstellungen und das Rahmenprogramm sollten dabei helfen, ein breiteres Verständnis zu ermöglichen. Für den Vorsitzenden der Friedrich-Ebert-Stiftung, Kurt Beck (SPD), können die Ausstellungen und das Rahmenprogramm nur "Anstoß, nicht Endpunkt der Auseinandersetzungen" sein.
Dazu passt auch der letzte Raum im Rheinischen Landesmuseum: Vor einer blauen Wand auf einem blauen Podest liegt der Kopf von Marx. Darüber der Satz: "An allem ist zu zweifeln." Die Besucher können sich dann selbst mit Zetteln äußern, wer Karl Marx für sie ist. Auf den Wänden rund um das Podest prangen bereits Antworten wie "ein Trierer" oder "kein Marxist?".