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Solo-Selbstständige: Miete zahlen trotz "null Einnahmen"




Der selbstständige Lichtoperator Gordon L'Habitant
epd-bild/Michael Schick
Trotz staatlicher Hilfen kämpfen Solo-Selbstständige weiterhin um ihre Existenz. Vor allem die Kultur- und Veranstaltungsbranche trifft die Pandemie hart. Viele wissen nicht, wie es weitergehen soll.

Die selbstständige Fotografin Mareen Rüegg aus Cottbus hatte in den ersten beiden Monaten 2021 "null Einnahmen". Genau wie zu Beginn der Corona-Pandemie vor gut einem Jahr. Damals machte sie sich Sorgen, weil sie die Miete für ihr Studio weiter tragen musste, ohne etwas zu verdienen. Durch Umsatzausfälle in der Corona-Krise haben laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) viele Selbstständige ihre Einkommensgrundlage teilweise oder sogar vollständig verloren. Rund 60 Prozent unter ihnen hatten Einkommensverluste. Bei den abhängig Beschäftigten traf es etwa 15 Prozent.

Monatsmiete erlassen

Allein das Einkommen ihres Mannes reiche nicht für die Familie, sagt Mareen Rüegg. Die Krankenkasse nehme außerdem Zinsen für gestundete Beiträge. Aber es gibt auch Hoffnung. Im Sommer seien ihre Geschäfte einigermaßen gelaufen. Auch das Weihnachtsgeschäft sei verhältnismäßig gut gewesen. Außerdem habe sie zum Ausgleich für corona-bedingte Verluste Unterstützung vom Staat bekommen. Und ihr Vermieter habe ihr eine Monatsmiete erlassen.

Besonders gebeutelt von der Corona-Krise sind Selbstständige in der Veranstaltungsbranche. Sie hatten aufgrund von Veranstaltungsverboten hohe Umsatzausfälle. "Ihnen wurde die Berufsausübung zum Schutz unser aller Gesundheit verboten", erklärt der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD). Viele Betroffene hätten wegen der Verdienstausfälle auf Rücklagenbildung für das Alter verzichtet. Für 2021 erwartet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dass etwa 150.000 Selbstständige aufgeben werden.

Veranstaltungstechniker Thorsten Meyer ist verzweifelt: Weil er Immobilien besitzt, bekomme er vom Staat keine Grundsicherung. Schon vor einem Jahr sagte er: "Das System fliegt mir um die Ohren." Inzwischen hat er den Kampf um die Grundsicherung aufgegeben. Also leben seine Frau und er von den Mieteinnahmen, von denen er als Selbstständiger noch die Krankenkassenbeiträge bezahlen müsse. Unterm Strich bleiben 500 Euro monatlich. "Auch seelisch ist das alles so aufreibend." Er fühle sich gelegentlich mürbe gemacht. "Mir fehlt die Perspektive."

Langfristige Folgen

Lichtoperator Gordon L'Habitant hingegen hat Glück gehabt, wie er sagt. Zu Beginn der Pandemie hatte er gegrübelt, wie er die Erstausstattung für sein Baby bezahlen soll. Mit einer geringfügigen Beschäftigung in einem Baumarkt und dem Kurzarbeitergeld seiner Frau seien sie zunächst bis zum Sommer ganz gut durchgekommen.

Aufgrund seines Engagements bei der "Night of Light" im Juni 2020 – einer bundesweiten Aktion, mit der die Veranstaltungsbranche auf ihre finanzielle Notlage durch die Corona-Pandemie aufmerksam gemacht hat, – habe er zeitweise Arbeit in Bad Vilbel bei der Corona-Edition der Burgfestspiele gefunden. Im November kam dann seine Tochter zur Welt. "Ich habe in meinem eigentlichen Beruf sechs Monate lang keine Einnahmen erzielt, aber ich fühle mich sehr unterstützt von vielen Seiten: vom Staat, von Kunden und von meiner Familie", sagt er.

"In der Kunstszene haben sich viele gerettet, indem sie anderweitig Geld verdienten", bilanziert Astrid Vehstedt von der deutschen Schriftstellervereinigung P.E.N. das Krisenjahr. Die Kulturlandschaft werde langfristig mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen haben, glaubt sie. Vehstedt befürchtet, dass etliche Einrichtungen die finanziellen Einbußen nicht überleben werden.

Insa van den Berg