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Umfrage: Umgang mit überzähligen Impfdosen klar geregelt




Die Impfverordnung des Bundes regelt auch, wie mit überzähligen Impfstoffen zu verfahren ist.
epd-bild/Matthias Rietschel
Kommunalpolitiker, Klinikbeschäftigte und gar Pfarrer haben sich beim Impfen gegen Corona vorgedrängelt und stehen nun als "Impfschleicher" in der Kritik. Eigentlich dürfte es solche Fälle gar nicht geben. Die Impfverordnung des Bundes regelt die Priorisierung, auch, wenn bei einem Impftermin Dosen übrig bleiben. Die Regelungen der Länder sind nahezu einheitlich.

Nach bundesweiten Schlagzeilen über Impfschleicher zeigt eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) bei den Ländern, dass dieses Fehlverhalten gegen eindeutige Vorgaben verstößt. Das geht aus den Antworten von dreizehn Gesundheits- und Sozialministerien hervor. Überzählige Impfdosen müssen demnach fast ausnahmlos für Personen aus der Gruppe mit der höchsten Impfpriorisierung genutzt werden. Das sind etwa Rettungsdienstmitarbeiter, Helferinnen und Helfer in den Impfzentren oder medizinisches Personal. Einzige Ausnahme bilden Polizisten im Außendienst, die der zweiten Gruppe angehören.

Alle Ministerien betonten, dass sich sämtliche Impfzentren und mobilen Impfteams bei der Nutzung von Restdosen an die bundesweiten Vorgaben zur Impfreihenfolge zu halten haben. Das heißt, das Verimpfen von bei einem Termin übrig gebliebenen Vakzinen ist nur innerhalb der Gruppe mit der höchsten Priorisierung erlaubt.

Vorgaben des Bundes müssen beachtet werden

Die Impfreihenfolge regelt eine Bundesverordnung. In der ersten Gruppe mit der höchsten Priorität sind über 80-Jährige Personen, Pflegekräfte und Beschäftigte auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, Palliativstationen, Rettungsdiensten und Corona-Impfzentren. Ebenfalls vorrangig geimpft werden jetzt aber auch Kita-Mitarbeiterinnen und Grundschullehrer aus der Gruppe 2.

Bei Restdosen wird zunächst geprüft, ob sich weitere Personen der vulnerablen Gruppe impfen lassen wollen", teilte etwa das Gesundheitsministerium in Sachsen mit. Das könnten Menschen in stationären Pflegeeinrichtungen, im betreuten Wohnen und solche sein, die von ambulanten Pflegediensten versorgt werden. Auch Krankenhäuser in der Umgebung würden angefragt, hieß es.

Berechtigte Personen müssen umgehend bereitstehen

Grundsätzlich betonen die Gesundheitsministerien, es sei oberstes Ziel der Terminplanung und -vergabe, dass alle Vakzine verimpft werden. In den allermeisten Fällen würden die geöffneten Dosen noch am selben Tag verimpft, heißt es aus Sachsen. Das gelinge jedoch nur, wenn immer Personen gefunden werden, die kurzfristig einen Impftermin wahrnehmen können. Ausnahmen seien nur in Einzelfällen möglich, "und zwar nur, wenn Impfstoff andernfalls verworfen werden müsste".

Sofern kleinere Impfstoffmengen übrigbleiben, sind die Impf-Teams angehalten, diese für Personen mit höchster Impfpriorität gemäß der Impfverordnung zu verwenden, heißt es aus dem Gesundheitsministerium in NRW. Sollte aber die Gefahr bestehen, dass die Impfstoffe weggeworfen werden müssten, dann "entscheidet die Koordinierungsstelle der Impfzentren vor Ort über die weitere Verwendung".

Impfzentren treffen Vorsorge

In Bayern nehmen die Impfzentren eine Reserveplanung vor. Auch hier gilt: Erst wenn in der höchsten Priorisierungsgruppe kurzfristig keine Personen zur Impfung bereitstehen, können Impflinge aus den danach folgenden Gruppen ihre Spitze bekommen. "Das kann auch auf Angehörige von Polizei und Rettungsdienst zutreffen."

Auch in Schleswig-Holstein, Brandenburg und Thüringen führen die Impfzentren Listen, wer ad hoc geimpft werden kann. Das zuständige Ministerium in Schleswig-Holstein nennt etwa Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rettungsdienstes, der Vertragsarztpraxen, Dialysepraxen oder der Impfzentren selbst. Bremen geht ebenso vor. In Rheinland-Pfalz benachrichtigen bei übrig gebliebenen Dosen die Impfzentren telefonisch berechtigte Impflinge - stets nur aus der ersten Gruppe. Sachsen-Anhalt verfährt genauso. "Das Vorziehen aus anderen späteren Gruppen ist von der Impfverordnung nicht gedeckt", heißt es dort. Ausnahmeregelungen seien nicht zulässig.

"Übrige Dosen werden ausschließlich an Personen aus den aktuell berechtigten Prioritäten verimpft, etwa aus dem Rettungsdienst, eigenes, noch nicht geimpftes Impfpersonal oder Personen in benachbarten Pflegeheimen oder Kliniken", teilte das Sozialministerium in Stuttgart auf Anfrage mit. Aufbereitete Impfdosen hätten eine Haltbarkeit von bis zu sechs Stunden. "Wir gehen davon aus, dass es in dieser Zeit möglich ist, Impfberechtigte zu finden", erklärte ein Ministeriumssprecher.

Alle Dosen werden genutzt

Aus dem Saarland hieß es: "In diesen Fällen verimpfen wir Personal der Alten- und Pflegeeinrichtungen oder in den Impfzentren, Gesundheitspersonal sowie Personal des Rettungsdienstes."

"Es gibt keine Rückmeldung, dass Impfdosen nicht mehr verwendet werden konnten", berichtet das niedersächsische Gesundheitsministerium. Sollten keine impfwilligen Personen aus der höchstpriorisierten Gruppe bereitstehen, "dann können Impfstoffreste absteigend in den weiteren Priorisierungsgruppen verimpft werden, bevor sie verfallen".

In Hessen können die Impfzentren nach eigenem Ermessen entscheiden, welche Personen mit der höchsten Priorität geimpft werden können. Dazu zählen etwa die Mitarbeiter der Impfzentren selbst oder das örtliche Personal der Rettungsdienste. Aber: In Ausnahmesituationen liege es "im Ermessen des Impfarztes, ob andere Personen außerhalb dieser Prioritätengruppe geimpft werden".

In Hamburg spricht man nur von "seltenen Einzelfällen". Sollten Dosen nicht verwendet werden können, würden gezielt Rettungsdienstmitarbeiter herangezogen: "Dafür existiert ein strukturiertes Verfahren."

Dirk Baas