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Corona

Offene Fragen bei Teststrategie und Impfungen in Praxen




Impfstoffampullen in einem Impfzentrum in Sachsen
epd-bild/Matthias Rietschel
Einen Stufenplan für Öffnungen, flankiert von mehr Impfungen und Tests, haben Bund und Länder beschlossen, um die Corona-Einschränkungen zu lockern. Zu viele Details seien noch ungeklärt, monieren Kommunen und Hausärzte. Auch die Sozialverbände zeigten sich skeptisch.

Nach den jüngsten Corona-Beschlüssen von Bund und Ländern zur stufenweisen Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen stellen sich Fragen zur konkreten Umsetzung der neuen Strategie. Vor allem setzt die Politik auf mehr Schnelltests und ein höheres Impftempo. Das Bundesgesundheitsministerium versicherte, dass ausreichend Tests zur Verfügung stehen werden. Die Kommunen kritisierten, die Organsiation der Tests sei nicht ausreichend geklärt. Hausärzte drängten auf ein unbürokratisches Vorgehen bei den Impfungen in den Praxen. Zudem entschied die Ständige Impfkommission des Robert Koch-Instituts am 4. März, den Astrazeneca-Impfstoff auch für über 65-Jährige zu empfehlen.

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) sagte zu den Beschlüssen im "ARD-Morgenmagazin", man könne die Gesellschaft "nicht nach vier Monaten weiter im Winterschlaf halten". Wichtig sei zugleich, dass eine "Notbremse" vorgesehen sei, falls Inzidenzen wieder steigen. Er äußerte sich zuversichtlich, dass sofort viele herkömmliche Schnelltests zur Verfügung stehen und Selbsttests rasch folgen werden. Das Bundesgesundheitsministerium teilte mit, es gebe genug Schnelltests auf dem Markt. 150 Millionen weitere könnten laut Herstellerangaben sofort geliefert werden. Die ersten Selbsttests seien in der vorigen Woche zugelassen worden. Laut Herstellern würden sie ab nächster Woche in Apotheken und im Einzelhandel erhältlich sein.

Tests sollen am 8. März verfügbar sein

Grundsätzlich sollen alle Bürgerinnen und Bürger künftig Anspruch auf regelmäßige Schnelltests einmal pro Woche haben. Ab dem 8. März sollen diese zur Verfügung stehen. Arbeitgeber sollen ebenfalls Tests bereitstellen, auch in Schulen und Kitas soll künftig regelmäßig getestet werden.

Vom Deutschen Städte- und Gemeindebund kam Kritik. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte der Düsseldorfer "Rheinischen Post", die Beschlüsse zu den Schnell- und Eigentests seien zu unkonkret. Landkreistagspräsident Reinhard Sager verlangte "eine verlässliche Planung zu Zeitpunkten, Abläufen und Verantwortlichkeiten".

Die Hausärzte, die spätestens von April an in die Impfkampagne einbezogen werden sollen, forderten, dafür müssten die Praxen von Bürokratie entlastet werden. Jeglicher vermeidbarer Aufwand müsse wegfallen, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbandes, Ulrich Weigeldt.

Unterdessen wird der Astrazeneca-Impfstoff von der Ständigen Impfkommission (Stiko) des Robert Koch-Instituts auch für über 65-Jährige und mit einem größeren Abstand zwischen Erst- und Zweitimpfung empfohlen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, alle Älteren, die auf eine Impfung warten, könnten nun schneller geimpft werden. Er kündigte an, die Empfehlungen schnell in der Impfverordnung umzusetzen.

Neue Daten begründen Umdenken

Bisher hatte die Stiko den Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens nur für Menschen unter 65 Jahren empfohlen, weil über die Wirksamkeit bei Älteren nicht genügend Daten vorlagen. In der Gruppe der Hochaltrigen konnten daher in Deutschland nur die Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna verwendet werden. Das verlangsamte die Impfungen. Außerdem blieb Astrazeneca-Impfstoff liegen.

VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte am 4. März in Berlin, es sei ein richtiger Schritt, dass die Bundesregierung die Testmöglichkeiten erweitern wolle. "Das ist ein wichtiger Baustein, um die Pandemie einzudämmen. Gerade für das Personal sowie die Besucherinnen und Besucher von Krankenhäusern, Pflegeheimen und vergleichbaren Einrichtungen sind diese Tests wichtig, um alle Menschen dort zu schützen. Aber ein kostenfreier Test pro Woche und Bürger reicht nicht. Da muss die Regierung nochmal nachlegen."

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe warnte davor, dass die beschlossenen Lockerungen einmal mehr zu Lasten der Beschäftigten im Gesundheitssystem und der Pflege erfolgten. "Natürlich brauchen wir eine Perspektive", sagte Präsidentin Christel Bienstein in Berlin. "Das darf aber nicht auf dem Rücken der Beschäftigten, insbesondere der beruflich Pflegenden, ausgetragen werden." Lockerungen während die Infektionszahlen und die Verbreitung der Mutante zunehmen, würden in kurzer Zeit wieder zu vollen Intensivstationen führen, "wenn die Menschen nicht selbstständig und sehr diszipliniert weiterhin ihre Kontakte einschränken und die Hygienemaßnahmen beachten."

Bettina Markmeyer