sozial-Politik

Kommentar

Eine Komödie für die Pflege - selten so wenig gelacht




Miniserie "Ehrenpflegas" auf YouTube
epd-bild/Screenshot

Die Bundesregierung hat es fertiggebracht, Werbefilme für den Pflegeberuf drehen zu lassen, die ohne seriöse Informationen über diesen Beruf und die berufliche Praxis auskommen. Die Pflegebranche ist über die am 12. Oktober ins Netz gestellte Serie der Sechs-Minuten-Filmchen zurecht empört.

Pflegekräfte äußern sich in den sozialen Medien wütend. Manche fordern sogar das verantwortliche Familienministerium auf, die kostspielige Miniserie - die Rede ist von 700.000 Euro - unverzüglich wieder aus den Sozialen Medien zu nehmen.

Welche Wirkung wird die Filmreihe "Ehrenpflegas" auf junge Zuschauerinnen und Zuschauer haben, die sich Gedanken über das für sie passende Ausbildungsfach sind? Auch wenn das zugegebenermaßen ein wenig spekulativ ist, drängt sich nach der Betrachtung der Clips eine Vermutung doch deutlich auf: Ein ernsthaftes Interesse für einen anspruchsvollen Beruf in der Pflege werden die Filme bei ihnen nicht wecken. Einigen Zuschauern wird es so ergehen wie mir (der ich allerdings schon aus Altersgründen nicht Zielobjekt der Filmemacher sein kann): Der Streifen wird als so dämlich empfunden wie sein Hauptdarsteller, der bar jeder Ahnung über egal was eine Pflegeausbildung begonnen hat. Ein Teil der jugendlichen Zielgruppe dürfte daher die Komödie nach wenigen Minuten oder schon nach Sekunden wegklicken und sich danach ganz sicher nicht auf die Suche nach einem Pflege-Ausbildungsplatz machen. Die Kampagne verfehlt hier ihr Ziel.

Verquere Vorstellungen

Oder die jungen Leute bleiben dran und finden die kleine Filmserie witzig. Das ist nicht unwahrscheinlich, wurden die Filmchen doch von den Produzenten des Kinofilms "Fack Ju Göhte" entwickelt - der kam vor wenigen Jahren bei Jugendlichen bestens an und wurde 2013/2014 mit mehr als sieben Millionen Kinobesuchern ein Kassenschlager. Doch was bleibt von "Ehrenpflegas" hängen? Die Hauptstory des Films ist - neben der Unfähigkeit des oben schon beschriebenen jungen Mannes, seiner von ihm angebeteten Mitschülerin seine Zuneigung zu bekennen -, dass es jeder zum ausgebildeten Pfleger schaffen kann. Wenn er nur das Herz am rechten Fleck hat! Und das hat der junge Mann, ist er doch wirklich lieb zu den Alten im Pflegeheim, in dem er in der Probezeit den praktischen Teil seiner Ausbildung absolviert. Ich wünsche den Pflegeträgern, dass sich möglichst wenige Menschen mit solch verqueren Vorstellungen von dem Beruf bei ihnen bewerben. Möge die Filmchen-Kampagne der Bundesregierung bei den Zuschauerinnen und Zuschauern keine falsche Motivation wecken!

Was hat Bundesministerin Franziska Giffey nur geritten, als sie die Zustimmung zu der Werbekampagne gab!? Die Entscheidung, auf solch alberne, oberflächliche, nachgerade unseriöse Weise für einen Beruf zu werben, ist unverständlich und inakzeptabel. Vielmehr muss es darum gehen, bei jungen Leuten mit guten Argumenten Interesse für die Pflege zu wecken. Das heißt, den Pflegeberuf vorzustellen als reizvolle und herausfordernde Aufgabe für Menschen mit Empathie, medizinisch-pflegerischem Interesse, mit Ethos und mit psychischer und physischer Belastbarkeit in einem diversen Team.

Aber wer glaubwürdig informieren will, wird auch die Schattenseiten ansprechen müssen: Personalnotstand, Unterbezahlung bei Arbeitgebern ohne Tarifbindung, Überlastung und Überforderung, vorzeitiger Berufsausstieg vieler Pflegekräfte. Das ist alles nicht witzig und deshalb für "Fack Ju Göhte"-Macher kein Thema. Aber es muss ein Thema der Bundesregierung sein, auch in Werbekampagnen.

Markus Jantzer