Frankfurt a.M. (epd). Das Konzept von Housing First richtete sich ursprünglich an obdachlose Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen. Die Zielgruppe wurde aber später erweitert auf Menschen, die langjährig obdachlos waren und auf Personen, die nach der Entlassung aus Krankenhäusern und Haftanstalten von Obdachlosigkeit bedroht waren.
Kernziel ist die Vermittlung von regulärem, dauerhaftem Wohnraum. Dahinter steckt die Idee, dass es einfacher ist, bei den Klienten bestehenden Probleme wie Sucht, Depressionen oder Arbeitslosigkeit anzugehen, wenn sie bereits eine stabile Wohnsituation haben. Meist kaufen die Sozialträger die Wohnungen, weil der Mietmarkt oft keine passenden Objekte bietet.
Housing First überwindet alle üblichen Systeme von "Stufenplänen", in denen Wohnungslose der Notunterkunft über Aufnahmehäuser, über Übergangswohnungen, Wohnheime, Trainingswohnungen, betreute Wohngemeinschaften Stufe für Stufe herangeführt werden an das "normale" Wohnen - ein völlig anderer Ansatz, als ihn die klassische Wohnungslosenhilfe verfolgt.
Bei Housing First, organisatorisch begleitet von Sozialträgern oder Vereinen, besteht von Anfang an ein normales, unbefristetes Mietverhältnis mit allen Rechten und Pflichten. Wohnbegleitende Hilfen werden ergänzend, aber nicht verpflichtend angeboten - sie sind grundsätzlich von Akzeptanz, dem Recht auf Selbstbestimmung, Respekt und Verlässlichkeit geprägt.
Dort wo Housing-First bereits praktiziert wird, sind die Ergebnisse überzeugend. So etwa in Finnland, wo die Obdachlosigkeit in den zurückliegenden zehn Jahren massiv gesunken ist. So wurden bis 2019 über 4.600 Wohnungen an Personen vermittelt, die zuvor auf der Straße lebten.
In Deutschland ist der Ansatz noch nicht weit verbreitet, doch gibt es inzwischen mehrere Projekte, die das Konzept anwenden und auf seine Tauglichkeit prüfen, so etwa in Berlin, Nürnberg, Düsseldorf und Hannover.