sozial-Thema

Sterbehilfe

Recht auf ein selbstbestimmtes Lebensende



Stärkere Rechte für todkranke Menschen, mehr Rechtssicherheit: Das Bundesverfassungsgericht hat die geschäftsmäßige Sterbehilfe erlaubt. Was der Beschluss für Patienten und Angehörige heißt, hat der epd zusammengestellt.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Verbot organisierter Sterbehilfe beim Suizid gekippt. Was bedeutet der weitreichende Beschluss des obersten deutschen Gerichts für Sterbenskranke und ihre Angehörigen? Fragen und Antworten zu der Entscheidung:

Werden mit dem Urteil die Rechte sterbenskranker Patienten gestärkt?

Das ist eindeutig so und war auch offenkundig die Absicht des Gerichts. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, betonte gleich zu Beginn seiner Begründung, dass das durch das Grundgesetz garantierte allgemeine Persönlichkeitsrecht "ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst". Er führte ausdrücklich aus: "Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen und hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen."

Bringt das Urteil Betroffenen, Angehörigen und Ärzten mehr Rechtssicherheit?

Ja. Denn das Gericht hat den beklagten Strafrechtsparagrafen 217 gekippt, durch den Ärzte und Sterbehilfevereine eine Bestrafung riskierten, wenn sie wiederholt Patienten beim Suizid assistierten. Allerdings dürften auch nach dem Urteil Rechtsfragen offen bleiben. Denn auch in der Schweiz und in den Niederlanden sind trotz liberalerer gesetzlicher Regelungen einzelne Fälle assistierten Suizids vor Gericht gelandet.

Steigt jetzt die Gefahr, dass sich todkranke Menschen für einen Suizid entscheiden, weil sie ihren Angehörigen nicht länger zur Last fallen wollen?

Diese Gefahr sehen insbesondere kirchliche Experten. Der Wunsch, niemandem zur Last zu fallen, gilt ihnen als einer der häufigsten Gründe für den Wunsch nach Sterbehilfe. Die These ist allerdings umstritten. Im Übrigen hat der Staat weiterhin Möglichkeiten, die organisierte Sterbehilfe zu kontrollieren.

Muss die Palliativversorgung ausgebaut werden, damit Menschen möglichst lange und möglichst schmerzfrei in den Tod begleitet werden können?

Die Hospiz- und Palliativversorgung ist in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren kontinuierlich ausgebaut worden, zuletzt mit dem Hospiz- und Palliativgesetz 2015. Allerdings gibt es immer noch eine Reihe von weißen Flecken auf der Versorgungslandkarte. Daran hat sich durch das höchstrichterliche Urteil nichts geändert.

Markus Jantzer