Ausgabe 16/2018 - 20.04.2018
Bonn (epd). Beschäftigte bei einem katholischen Arbeitgeber müssen nach der Grundordnung des kirchlichen Dienstes nicht unbedingt Kirchenmitglied sein. Für bestimmte Stellen verlangt die katholische Kirche indes zwingend Zugehörigkeit zur katholischen Kirche.
Die von der Deutschen Bischofskonferenz am 22. September 1993 beschlossene und zuletzt am 30. April 2015 überarbeitete Grundordnung lässt ausdrücklich konfessionslose oder andersgläubige Mitarbeiter bei der katholischen Kirche und den Einrichtungen der Caritas zu. Zu diesem Grundsatz werden auch Ausnahmen formuliert: Bei pastoralen und katechetischen sowie in der Regel erzieherischen und leitenden Aufgaben ist nach der Grundordnung auch die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche Voraussetzung für eine Beschäftigung.
Alle Beschäftigten, unabhängig von ihrer Konfession, müssen bei einem katholischen Arbeitgeber "die Eigenart des kirchlichen Dienstes" bejahen. Allerdings verlangt die katholische Kirche von ihren Beschäftigten je nach Religionszugehörigkeit einen unterschiedlichen Grad an Loyalität.
So wird von katholischen Mitarbeitern erwartet, dass sie die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Nicht katholische christliche Mitarbeiter müssen sich an die Werte des Evangeliums halten, nichtchristliche Beschäftigte müssen lediglich bereit sein, ihre Aufgaben in der kirchlichen Einrichtung "im Sinne der Kirche zu erfüllen". Doch inwieweit die katholische Kirche solche Unterschiede bei den Loyalitätspflichten von katholischen, evangelischen und nichtchristlichen Mitarbeitern überhaupt machen darf, ist rechtlich umstritten und wird derzeit vor Gericht geprüft.
Die katholische Kirche beruft sich auf das im Grundgesetz verankerte Recht der christlichen Kirchen, über ihre Angelegenheiten - und damit auch das kirchliche Arbeitsrecht - selbst bestimmen zu können. "Welche kirchlichen Grundpflichten als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich alleine nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben", entschied das Bundesverfassungsgericht am 22. Oktober 2014 zur Entlassung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses (Az.: 2 BvR 661/12). Weltliche Gerichte könnten die Entscheidung des kirchlichen Arbeitgebers nur auf Plausibilität kontrollieren, befand das Karlsruher Gericht in dem Verfahren, das inzwischen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig ist (Az.: C-68/17).
Der EuGH betont in bisherigen Urteilen zwar auch das Recht der Kirchen auf Autonomie. So sieht Artikel 17 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vor, den Status von Kirchen und religiösen Vereinigungen zu achten. Gleichzeitig haben Arbeitnehmer nach der EU-Grundrechtecharta auch ein Recht auf Schutz vor Diskriminierung.
Zumindest in seinem aktuellen Urteil vom 17. April über die vom Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung abgelehnte konfessionslose Stellenbewerberin stellte der EuGH nun klar, dass staatliche Gerichte das Recht haben müssen, kirchliche Arbeitsverhältnisse genau auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Nach dem EuGH-Urteil muss die Forderung nach einer Kirchenmitgliedschaft "wesentlich", "rechtmäßig" und "gerechtfertigt" sein. Die Entscheidungen kirchlicher Arbeitgeber dürfen inhaltlich - und nicht nur auf ihre Plausibilität hin - von staatlichen Gerichten kontrolliert werden. Gerichte dürfen sich also nach dem EuGH-Urteil mehr als bisher in kirchliche Arbeitsrechtsentscheidungen einmischen.
Auch im Fall des wegen seiner Wiederheirat entlassenen katholischen Chefarztes eines katholischen Krankenhauses werden die Richter des EuGH zu prüfen haben, inwieweit die katholische Kirche unterschiedliche Loyalitätsanforderungen an ihre Mitarbeiter stellen darf. Hier hatte der katholische Chefarzt gerügt, dass er wegen seiner Wiederheirat entlassen wurde, während evangelische Kollegen bei einer erneuten Heirat ihre Stelle behalten durften.
Az.: 2 BvR 661/12 (Bundesverfassungsgericht zu katholischem Krankenhaus)
Az.: C-68/17 (Europäischer Gerichtshof zu katholischem Krankenhaus)