Hannover (epd). Ein pulsierender Bass wummert über den „Platz der Menschenrechte“, kein Durchkommen bei „Gentleman“ vor dem Neuen Rathaus in Hannover: Der deutsche Reggae-Musiker und seine Band gehören zu den musikalischen Headlinern des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages, der am Sonntag nach fünf Tagen in der niedersächsischen Landeshauptstadt zu Ende gegangen ist. Großkonzerte zählten dabei zu den emotionalen Höhepunkten in einem Programm mit insgesamt mehr als 1.500 Veranstaltungen.

Mit dabei waren auch der Klavierkabarettist Bodo Wartke („Barbaras Rhabarberbar“) und die Band „Jupiter Jones“ („Still“), die am Samstagabend leise Töne und große Emotionen lieferte: Gänsehautmomente, zu denen allabendliche Lichtermeere mit Tausenden Kerzen vor den Großbühnen beitrugen.

„Ziemlich voll überall“

Zwischendurch ging es in überfüllten U-Bahnen und Bussen zu Bibelarbeiten, Gottesdiensten und Podien. „Ziemlich voll überall“, meint Joshua Hambrecht, der aus dem baden-württembergischen Neckarburken in die Stadt gekommen ist, in der 1949 der Kirchentag ins Leben gerufen wurde. Trotz der Enge seien alle sehr freundlich, hat der 16-Jährige erfahren, der von Kindesbeinen an Kirchentage besucht hat, auch schon in Nürnberg, Dortmund, Berlin und Stuttgart.

Ähnlich sieht es Hüseyin Erhan, der am Wunschbrunnen in der hannoverschen Altstadt „Gottfrieds Feinkiosk“ betreibt, mitten im Kirchentags-Getümmel. Ständig treten Menschen mit rotem Kirchentags-Schal an seine Theke und versorgen sich in kultiger Wohnzimmeratmosphäre mit Getränken. „Tagelang eine ausgelassene Stimmung bei bestem Wetter - das ist ein guter Auftakt für den Sommer“, schwärmt Erhan. „Die Leute sind entspannt, umgänglich, aufmerksam, einfach richtig nett - das kann gerne Schule machen.“

„Entscheidend ist das Gemeinschaftsgefühl“

Es war ein Fest, das etwa 4.600 Helferinnen und Helfer überhaupt erst möglich gemacht haben. Sie begleiteten das Großereignis unter der biblischen Losung „mutig - stark - beherzt“, zu dem trotz oder auch gerade wegen der großen Krisen der Gegenwart Zehntausende Gläubige mit Tickets nach Hannover gekommen waren. „Entscheidend ist das Gemeinschaftsgefühl“, sagt Daniela Faber (55), die sich von Oberhausen aus mit ihrem Mann Ulrich (59) auf den Weg gemacht hat.

Das Paar hat sich 1991 beim Kirchentag im Ruhrgebiet kennengelernt und seither kaum ein großes Laientreffen ausgelassen, mit Quartieren immer in Schulen. „Es ist ein Auftanken, eine Kraftquelle, geprägt von respektvollen Begegnungen mit Tiefgang“, beschreibt es Ulrich Faber, der ein verbindendes Element herausstellt: „Hier sind Christinnen und Christen, die etwas verändern wollen in der Gesellschaft, zum Guten.“

Auch mal spontan umplanen

Der Arzt, Buchautor und Entertainer Eckart von Hirschhausen bringt das Gefühl, das viele Menschen auf dem Kirchentag trotz Rechtsdrall, Kriegen und Klimakrise teilen, bei einer Bibelarbeit auf den Punkt. „Endlich denkst du: ganz allein bist du doch nicht“, ruft er 3.500 Gästen vor der Bühne zu und macht Mut zum Engagement für eine bessere Welt. Prominente wie er zogen das Publikum in Massen an, was zuweilen auch für Frust sorgte, etwa, wenn die Zugangs-Ampel in der Kirchentags-App auf Rot sprang und signalisierte, dass die Kirche oder die Halle schon voll war. Dann hieß es: Spontan umplanen.

Einen nochmals emotionalen Punkt, besser ein Ausrufezeichen, setzte am Sonntag dann der Abschlussgottesdienst vor dem Neuen Rathaus, denen Bläserinnen und Bläser mit Musik und blitzendem Blech eine festliche Note verliehen. In zwei Jahren, im Mai 2027, kommt der 40. Kirchentag nach Düsseldorf. In der Zwischenzeit gelte es, sich weiter für Demokratie und Zusammenhalt zu engagieren, das ist die Botschaft aus Hannover. Die Gäste des Schlussgottesdienstes sangen: „Mutig, stark, beherzt gehn wir auf dem Weg voran.“