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Migration

Vom Krankenhaus in Nairobi ins Potsdamer Pflegeheim




Auf dem Weg vom kenianischen Krankenhaus in ein deutsches Pflegeheim
epd-bild/Birte Mensing
Ein Start-up in Nairobi bietet neben Deutschkursen eine Jobvermittlung für Krankenpflegepersonal an, das in Deutschland dringend gesucht wird. Die ausgebildete Krankenschwester Karen Mumo hat vor kurzem einen Arbeitsvertrag unterschrieben.

Nairobi (epd). Seit Januar müssen nicht mehr Karen Mumos Eltern für den Deutschkurs ihrer Tochter aufkommen. Der zukünftige Arbeitgeber der jungen Kenianerin hat übernommen: ein Altenheim in Potsdam. Ende vergangenen Jahres unterschrieb Mumo - mit Bachelorabschluss in Psychologie und einer Ausbildung als Krankenschwester in der Tasche - einen Arbeitsvertrag für die Senioreneinrichtung in Deutschland.

Vermittelt hatte den Kontakt die Schule in Nairobi, an der die 27-Jährige seit knapp einem Jahr Deutsch lernt. Inzwischen ist sie im Kurs für das B2-Level. Die Sprachschule, das AG German Institute, ist ein Gemeinschaftsprojekt der Schulfreunde Tobias Glaszner und Kerem Akdogan aus Mainz und ihres kenianischen Partners Victor Lekaram. „Wir sind 2023 nach Kenia gekommen, um zu gründen”, sagt Glaszner. “Und nachdem uns viele Leute gefragt haben, ob wir ihnen helfen können, nach Deutschland zu kommen, haben wir angefangen, Strukturen aufzubauen."

Hohe Arbeitslosigkeit im Wirtschaftszentrum Nairobi

Die kenianische Hauptstadt Nairobi ist das Wirtschaftszentrum Ostafrikas. Große Firmen, und auch die Vereinten Nationen haben hier einen Sitz. Und trotzdem: Von den Tausenden jungen Menschen, die jedes Jahr einen Universitätsabschluss machen, findet nur ein Bruchteil einen Job.

In Deutschland hingegen brauchen Unternehmen in der Krankenpflege nach Angaben der Initiative Pflegenot im Schnitt 230 Tage, um eine Stelle neu zu besetzen. Der Bedarf an Fachkräften in der Pflege steigt konstant. Das Statistische Bundesamt erwartet, dass 2049 zwischen 280.000 und 690.000 Pflegekräfte fehlen werden.

Vor diesem Hintergrund haben Deutschland und Kenia vergangenes Jahr ein Migrationsabkommen unterzeichnet, mit dem beide werben: Deutschland betont einfachere Abschiebungen, Kenia mögliche Arbeitsplätze im Ausland. Seitdem gibt es in Kenia ein verstärktes Interesse an Migration nach Deutschland. Bisher sind nur 2.000 bis 3.000 Menschen im Jahr von Kenia nach Deutschland gezogen, viele auch als Familiennachzug oder zum Studium. Doch langsam stiegen die Zahlen an Krankenpflegepersonal, meldet die Botschaft in Nairobi.

Sprachschule wird ausgebaut

Die Deutschkurse sind ausgebucht, auch beim AG German Institute. Die nach Städten benannten Klassenzimmer im 20. Stock eines Hochhauses mitten in Nairobi sind voll besetzt. München, Berlin, Wien, Graz, Stuttgart - überall Dutzende Lernende. Aktuell werden im 19. Stock weitere Räume ausgebaut. Die Gründer zogen die Schule mit Eigenkapital und einem Zuschuss vom Bundesland Rheinland-Pfalz auf, schon nach einem Jahr trägt sie sich finanziell selbst.

Die Einrichtung nimmt nicht nur staatlich anerkannte Prüfungen ab, sondern bietet auch Programme für ausgebildete Krankenpflegerinnen und Erzieher an. 100 Arbeitsverträge hat das Institut damit schon vermittelt. Es begleitet auch den Prozess: Anerkennung der Ausbildung in Deutschland, zusätzliche Schulungen planen, Visum beantragen. „Der Weg nach Deutschland ist steinig“, sagt Glaszner. Es sei wichtig, die Kandidatinnen und Kandidaten an die Hand zu nehmen und verantwortungsvolle Arbeitgeber zu finden.

Arbeitsbeginn in Deutschland ist im Juni

In Karen Mumos Klasse sind vier weitere Ausreisewillige, die mit ihr eine Ausbildung am privaten Nairobi Hospital, einem der besten Krankenhäuser in Kenia, gemacht haben. Im Juni sollen sie ihre Jobs in Deutschland antreten. Ganz ohne Sorge blickt Mumo nicht auf den großen Schritt: „Wie wird das im neuen Land, mit der gerade erst gelernten Sprache?“, fragt sie sich.

Doch vor allem freut sie sich auf das Neue, auf das Arbeiten in besseren Arbeitsbedingungen und auf Möglichkeiten zur Weiterbildung. „Pflege ist meine Leidenschaft“, sagt die junge Fachkraft. „Man kann die Patienten eng begleiten.“

Birte Mensing