sozial-Recht

Landessozialgericht

Herzschrittmacher bei Kindern begründet keine Schwerbehinderung



Potsdam (epd). Kinder mit einem Herzleiden können nach der Implantation eines Herzschrittmachers keinen höheren Grad der Behinderung (GdB) beanspruchen als Erwachsene. Auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie für Kinder nach dem Einsetzen eines Herzschrittmachers einen Einzel-GdB von mindestens 50 empfohlen hat, ist die Versorgungsmedizin-Verordnung maßgeblich, die sich nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft richtet und generell einen Einzel-GdB von 10 vorsieht, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 19. Dezember 2024.

Konkret ging es um eine heute 13-Jährige, bei der kurz nach der Geburt ein Herzleiden festgestellt wurde. Sie bekam daraufhin einen Herzschrittmacher implantiert. Neben einer Herzleistungsminderung liegen bei ihr auch eine hyperkinetische Störung und eine psychische Minderbelastbarkeit vor.

Mädchen klagte auf GdB 60

Ihren Antrag auf einen GdB 60 und das Merkzeichens „H“ (hilflos) lehnte das Landesamt für Soziales und Versorgung Brandenburg ab. Ohne Erfolg verwies das Mädchen darauf, dass die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie bereits im November 2011 einen GdB von mindestens 50 bei Kindern mit einem Herzschrittmacher empfohlen hatte.

Die Behörde sprach der Klägerin in einem Teilanerkenntnis lediglich einen GdB von 40 zu. Das Herzleiden sowie die daraufhin erfolgte Implantation des Herzschrittmachers wurden nur mit einem GdB von 20 bewertet.

Gericht verweist auf Versorgungsmedizin-Verordnung

Das LSG urteilte, dass der Klägerin ein Gesamt-GdB von 50 zustehe und sie als Schwerbehinderte anerkannt werden müsse. Allerdings begründe die Implantation eines Herzschrittmachers bei einem Kind keinen Einzel-GdB von mindestens 50, wie das die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie empfohlen habe. Die Fachgesellschaft habe den höheren GdB zwar mit häufigen Fehlfunktionen des Schrittmachers und damit einhergehenden Angststörungen begründet. Solche Fehlfunktionen lägen aber hier nicht vor, so das Gericht.

Maßgeblich sei die Versorgungsmedizin-Verordnung. Der hierfür zuständige Beirat des Bundesministeriums für Arbeit habe sich bei der Ausarbeitung und Fortentwicklung der Verordnung am aktuellen Stand der Wissenschaft orientiert und den Einzel-GdB nach Implantation eines Herzschrittmachers auf zehn festgelegt. Weil das Herzleiden die psychischen Störungen verstärkten und die Integration in Schule und Gesellschaft erschwerten, sei im vorliegenden Fall aber ein Gesamt-GdB von 50 gerechtfertigt. Kein Anspruch bestehe auf das Merkzeichen „H“. „Hilflosigkeit“ liege nicht vor, so das Gericht.

Az.: L 11 SB 286/23