sozial-Branche

Pflege

Gastbeitrag

Neue Lösungen für die pflegerische Versorgung gesucht




Manuela Striebel-Lugauer
epd-bild / Martin Gloge /Diakonie Baden
Die soziale Daseinsvorsorge ist in großer Gefahr, ein "Weiter so!" kann es für die Diakonie Baden nicht geben. Ohne neue Handlungsmuster lassen sich die Herausforderungen der Gesundheits- und Pflegeversorgung nicht bewältigen, schreibt Manuela Striebel-Lugauer, Abteilungsleiterin Alter, Pflege, Gesundheit und stellvertretende Vorständin der Diakone Baden, in ihrem Gastbeitrag für epd sozial.

Ende 2021 waren laut Statistischem Landesamt in Baden-Württemberg mehr als 540.000 Menschen pflegebedürftig, und deren Zahl wird voraussichtlich weiter stark steigen. Bis zum Jahr 2050 könnte ihre Zahl auf über 774.000 Menschen ansteigen. Dann würde etwa 58 Prozent mehr Personal benötigt. Rund 83 Prozent der Pflegebedürftigen werden heute zu Hause versorgt. In Anbetracht der demografischen Entwicklung braucht es daher verschiedene Lösungsansätze.

Ziel muss sein, eine patienten- und altersgerechte Versorgungssicherheit zu gewährleisten und beruflich Pflegende zu entlasten. Die Diakonie Baden geht über ausgewählte Projekte innovative Wege, um unterschiedliche Lösungsansätze aufzugreifen. Beispielhaft dafür sind die im Folgenden dargestellten aktuellen Projekte aus dem Bereich der Abteilung Alter, Pflege und Gesundheit der Diakonie Baden.

Projekt 1: „X-SPEKT“: Für die Zukunft der gesundheitlichen Versorgung wird kommunalen und lokalen Ansätzen eine hohe Bedeutung zugesprochen. Das ist der Ansatzpunkt für X-SPEKT Pflege BaWü - (EXperiment SPrechen, ErKennen und Tätigwerden). Es verfolgt den Lösungsansatz, dass die Herausforderungen der Versorgungssicherheit nicht allein durch professionell Pflegende gemeistert werden können, sondern es den Einbezug der gesamten Gesellschaft bedarf. Bei X-SPEKT handelt es sich um ein innovatives Gesprächsformat zur Etablierung nachhaltiger Lösungen.

Ziel ist es, Menschen in Pflegeberufen, pflegende Angehörige, Pflegebedürftige sowie Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft in einen Austausch und eine Beziehung zu bringen. Die Leitfrage lautet: „Wie schaffen wir es gemeinsam, dass Pflege niemanden überfordert und trotzdem alle gut versorgt sind?“ Es geht darum, gemeinsam mit starken Partnerinnen und Partnern eines Sozialraumes aus Pflege, Zivilgesellschaft und Politik herauszufinden, wie sich Pflege zukunftsfähig gestalten lässt. Denn: „Was alle angeht, können nur alle lösen“ (Friedrich Dürrenmatt).

X-SPEKT hat im September 2024 begonnen und läuft bis September 2025. Von Januar bis Juli 2025 wird es fünf verschiedene Gesprächsbausteine geben, mit öffentlichen Veranstaltungen im März und Juli („Forum zukunftsfähige Pflege“). Eine wissenschaftliche Begleitung erfolgt durch das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg. Finanziert wird das Projekt durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration.

Projekt 2: „Virtuelle Fürsorge: Innovative Ansätze zur Telepflege“: Dieses Projekt setzt den Schwerpunkt auf Digitalisierung und findet gemeinsam mit der Abteilung Gesundheit, Alter, Pflege der Diakonie Württemberg statt. Unter wissenschaftlicher Begleitung wird erprobt, wie Telepflege zu einer Entlastung beruflich Pflegender und zu einer besseren Versorgung von Pflegebedürftigen führen kann.

Im November 2024 haben fünf Pflegedienste mit der praktischen Erprobung begonnen. Der Großteil der bisher realisierten Beratungen nach Paragraf 37 Absatz 3 SBG XI konnte über den Videodienstanbieter „Zava Sprechstunde Online“ problemlos digital erfolgen. Das Feedback der Mitarbeitenden war bislang ausnahmslos gut. Die Rückmeldungen der Klientinnen und Klienten zu videobasierten Beratungen reichen von „sehr gut“ über „gewöhnungsbedürftig“ bis hin zu „nicht geeignet“. Vor allem ältere Menschen tun sich mit digitalen Lösungen schwer und brauchen hier noch unsere Unterstützung.

In den ersten fünf Projektmonaten wurden Konzeptionen erstellt und die Veränderung von Arbeitsprozessen im Pflegedienst sowie in die Schulung von Mitarbeitenden und Klienten vorgenommen. Im weiteren Verlauf gilt es nun zu erproben, wie Telepflege arbeits- und versorgungsbezogene Mehrwerte für professionelle Pflege schaffen kann. Das Projekt wird vom GKV-Spitzenverband im Rahmen des Modellprogramms zur Erprobung von Telepflege nach Paragraf 125a SGB XI gefördert.

Projekt 3: „Implementierung von Springer- bzw. Ausfallkonzepten“: Auch dieses Projekt zeigt einen neuen Lösungsansatz auf. Es startete im Oktober 2024 mit Beteiligung der Diakonie Baden. Ziel ist, die Arbeitsbedingungen und die Verlässlichkeit der Arbeitszeiten für die Pflegenden zu verbessern sowie die Attraktivität des Berufes zu steigern. Hierfür ist geplant, an bis zu 20 Standorten in Baden-Württemberg Einrichtungen und Dienste der Langzeitpflege bei der Entwicklung, Implementierung und Evaluation von lösungsorientierten und innovativen Springer- und Ausfallkonzepten professionell zu begleiten. Das Projekt wird verbandsübergreifend von der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg durchgeführt und wird finanziert durch das Landessozialministerium.

Manuela Striebel-Lugauer leitet die Abteilung Alter, Pflege, Gesundheit der Diakonie Baden und ist stellvertretende Vorständin.