

Nürnberg (epd). Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa schlug zum offiziellen Start der Jahreskampagne am 15. Januar in Nürnberg eine Liste von zehn Thesen mit Erwartungen an die Politik an eine rote Tür. Weitere 1.000 Türen sollten in den nächsten Monaten in ganz Deutschland darauf hinweisen, wie wichtig es sei, die Türen von sozialen Einrichtungen und Diensten offenzuhalten, hieß es. „Diese Thesen gehören in einen öffentlichen Diskurs“, sagte Welskop-Deffaa: „In einer Welt, in der jede und jeder jederzeit von Lebenskrisen aller Art getroffen werden kann, braucht es eine Sozialpolitik, die Abwärtsspiralen frühzeitig und wirksam stoppt.“
Die Caritas kritisierte mit Blick auf den vorgezogenen Termin der Bundestagswahl, der Wahlkampf und die Art der Diskussion ließen das Soziale oft als „große Sparbüchse der Politik“ erscheinen. Daher habe die Kampagne eine neue Tonalität bekommen: „Wir wollen klarmachen: Die Caritas kann Türen nur offen halten, wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen.“ Zu den Forderungen des Verbands gehört unter anderem, dass der Sozialstaat nicht erst dann greift, wenn Menschen bereits in einer Notsituation sind, sondern präventiv agieren soll. Klimapolitik solle entschlossener, das Miteinander der Generationen sowie Familien müssten gestärkt werden.
Michael Schwarz, Caritasdirektor in Nürnberg, unterstrich die Bedeutung lokaler Hilfen: „Mit Beratung für Jung und Alt und einer Vielzahl von spezialisierten Angeboten halten wir Türen offen - für Menschen von nebenan, die Unterstützung brauchen. Einen Schwerpunkt setzen wir dabei in der Wohnungslosenhilfe. Damit das so bleibt, fordern wir von der Politik eine klare Prioritätensetzung zugunsten der sozialen Infrastruktur.“
„Damit die Caritas Türen für alle Hilfebedürftigen offenhalten kann, bedarf es einer an den Menschen orientierten Sozialpolitik“, sagte Caritasdirektor Markus Juch in Fulda: „Wir sollten an dem Grundpfeiler der Wohlfahrtpflege festhalten, dass Fürsorge für die Schwachen der Gesellschaft selbstverständlich ist und stets in Kooperation der öffentlichen und privaten Fürsorge vorgenommen wird.“ Das sei für Deutschland und unsere Gesellschaft seit Jahrzehnten ein sehr gutes und bewährtes Konzept, so Juch: „Unsere demokratischen Parteien sollten jetzt daher sehr gut abwägen, ob - und wenn ja - welche Positionen zukünftiger Sozialhaushalte sie schon heute im Kontext des Wahlkampfes in Frage stellen.“ Und weiter: „Soziale Arbeit mit kühlem Kopf und mit dem offenen Blick für die echten Nöte der Menschen ist unter diesen Rahmenbedingungen natürlich schwierig.“
In Essen hat die Caritas zur Kampagne einen Flyer aktualisiert und neu aufgelegt, der alle Hilfsangebote vorstellt. Die Publikation verweise auf Hilfen für Menschen in Not in der Essener Innenstadt und unmittelbar angrenzend, darunter Notschlafstellen, Kleiderkammern, Suppenküchen, Lebensmittelausgaben, ärztliche Versorgung für Menschen ohne Papiere, Beratungsstellen für Frauen, Familien, Migranten, Geflüchtete und Arbeitslose sowie weitere soziale Dienste und Einrichtungen - nicht nur der Caritas.
„Wir stellen diesen Wegweiser für Menschen in Not ganz bewusst unter das Jahresthema der Caritas. Zu uns kann wirklich jeder und jede kommen - unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter, Weltanschauung und Religion“, sagte Stefanie Siebelhoff, Direktorin des Caritasverbandes für das Bistum Essen. „Das machen wir jedoch nicht allein. Betonen möchte ich, dass wir uns in Essen als Teil eines starken Netzwerkes für Menschen in Not verstehen, an dem viele unterschiedliche Akteure beteiligt sind, mit denen wir gut zusammenarbeiten.“
Parallel zum Kampagnenstart in Nürnberg stellte der Caritasverband zunächst in Hildesheim und in Bad Neuenahr-Ahrweiler rote Türen auf. In diesen drei Städten sind drei der vier Fotos für die Kampagnenplakate der diesjährigen Aktion entstanden. Die Bilder zeigen einen Streetworker in Nürnberg, ein zerstörtes Grundstück nach der Flutkatastrophe im Ahrtal sowie eine Babylotsin an einem Hildesheimer Krankenhaus. Das vierte Plakatmotiv zeigt humanitäre Hilfe in Haiti. Die Motivauswahl soll den Angaben zufolge deutlich machen, dass die Türen der Caritas für alle Menschen offen stehen.