

Potsdam (epd). Die Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten durch zugelassene Psychotherapeuten darf nicht nur auf dem Papier gewährleistet sein. Müssen regelmäßig Versicherte, die sich in einer erheblichen psychischen Notlage befinden, wegen fehlenden Psychotherapeuten auf Privatpraxen ausweichen, weist das auf eine Unterversorgung hin, entschied das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam in einem am 11. Dezember bekanntgegebenen Urteil. In solch einem Fall könne die erneute Bedarfsprüfung erforderlich sein, so das Gericht.
Der klagende Psychotherapeut mit dem Schwerpunkt Verhaltenstherapie betreibt eine Privatpraxis in Berlin-Wedding. Trotzdem behandelt er zum größten Teil Kassenpatienten. Diese müssen hierfür im sogenannten Kostenerstattungsverfahren eine Zustimmung ihrer Krankenkasse einholen, die Behandlung zunächst selbst bezahlen und dann die Kostenerstattung bei ihrer Krankenkasse beantragen.
Der Kläger wollte Kassenpatienten regelhaft behandeln können. Er beantragte eine Sonderbedarfszulassung. Die bislang zugelassenen Psychotherapeuten in Berlin könnten den Behandlungsbedarf nicht decken. Die von Ärzten und Krankenkassen eingerichteten Zulassungsgremien meinten jedoch, dass ein zusätzlicher Versorgungsbedarf nicht bestehe.
Sowohl das Sozialgericht Berlin als nun auch das LSG widersprachen. „Allein die hohe, jährlich sich im mittleren dreistelligen Bereich bewegende Anzahl von Kostenerstattungsverfahren deutet darauf hin, dass der Versorgungsbedarf mit den vorhandenen Kassensitzen derzeit nicht zureichend gestillt wird“, erklärten die Potsdamer Richter. Es bestünden daher „erhebliche Anhaltspunkte für eine tatsächliche Unterversorgung mit verhaltenstherapeutischen Therapiemöglichkeiten“. Betroffene Versicherte, die sich oft in einer erheblichen psychischen Notlage befänden, müssten auf einen freien Therapieplatz oft viele Monate warten.
Der zuständige Berufungsausschuss müsse nun den Bedarf neu ermitteln und prüfen, „inwieweit die derzeit zugelassenen Vertragspsychotherapeuten ihrem Versorgungsauftrag tatsächlich überhaupt gerecht werden, also im vorgesehenen Umfange Therapiestunden anbieten“. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Az.: L 7 KA 43/21