sozial-Recht

Landessozialgericht

Eheleute auf Sozialhilfekosten auch im Tod vereint




Familiengrab
epd-bild/Jörn Neumann
Sozialhilfeträger müssen die erforderlichen Kosten für eine Sozialbestattung übernehmen. Dazu können auch die Mehrkosten für eine nebeneinanderliegende Grabstätte gehören, urteilte das Landessozialgericht Essen.

Essen (epd). Die Sozialhilfe muss den Wunsch mittelloser Eheleute nach einer Bestattung in einem nebeneinanderliegenden Grab achten. Haben die Eheleute zu Lebzeiten ausdrücklich die Bestattung in einem gemeinsamen oder nebeneinanderliegenden Grab gewünscht, gebietet es der im Grundgesetz verankerte Schutz von Ehe und Familie, dass der Sozialhilfeträger die angemessenen Bestattungskosten als erforderlich ansieht und diese übernimmt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in einem am 18. September veröffentlichten Urteil. Die Essener Richter ließen wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.

Die Klägerin bezog zusammen mit ihrem Ehemann Sozialhilfeleistungen. Als dieser starb, beantragte die Witwe beim zuständigen Sozialhilfeträger die Übernahme der angemessenen Bestattungskosten. Da der Verstorbene Jude war, sollte er auf einem jüdischen Friedhof bestattet werden. Der Sozialhilfeträger erklärte sich bereit, 2.600 Euro für die Bestattung auf dem jüdischen Friedhof zu übernehmen. Diesen Pauschalpreis für Sozialhilfebezieher hatte die Behörde mit der jüdischen Gemeinde ausgehandelt.

Bestattung teurer als vereinbart

Die Witwe ließ ihren verstorbenen Mann jedoch auf dem sogenannten Mischehenfeld des Friedhofs bestatten und reservierte für sich selbst eine Nachbargrabstätte. Ihr jüdischer Ehemann habe bereits zu Lebzeiten den Wunsch geäußert, dass sie beide später nebeneinander bestattet werden sollten. Da sie Nichtjüdin sei, sei eine nebeneinanderliegende Grabstätte auf dem regulären jüdischen Gräberfeld im Gegensatz zum Mischehenfeld nicht möglich.

Der vom Sozialhilfeträger ausgehandelte Pauschalpreis für die Bestattung auf dem jüdischen Friedhof galt jedoch nicht für das Mischehenfeld. Die Kosten für die Bestattung des Ehemannes beliefen sich auf 6.114 Euro. Davon sah der Sozialhilfeträger nur 3.514 Euro als angemessen an, nämlich 2.600 Euro für die Bestattung sowie weitere Kosten für den Bestatter und den Totenschein. Der Ehemann hätte billiger auf dem regulären jüdischen Friedhof bestattet werden können, so die Behörde. Auch wenn das Paar fast 50 Jahre miteinander verheiratet gewesen sei, begründe dies keinen Anspruch auf ein nebeneinanderliegendes Grab.

Das LSG urteilte, dass der Sozialhilfeträger der Klägerin unter Anrechnung des Nachlasses weitere 1.300 Euro für die Bestattung des Ehemannes zahlen muss. Eheleute könnten verlangen, nebeneinander bestattet zu werden. Dies müsse aber zu Lebzeiten ausdrücklich gewünscht worden sein. Ehe und Familie seien durch das Grundgesetz besonders geschützt. Das gelte auch über den Tod hinaus.

Nur unmittelbare Kosten erstattungsfähig

Nach einem Urteil des LSG Baden-Württemberg dürfen Hinterbliebene ohne eigene Einkünfte aber nicht darauf vertrauen, dass die Sozialhilfe automatisch alle anfallenden Kosten übernimmt. Ist auf der Grabstätte ein einfaches, lackiertes Holzkreuz ortsüblich, kann der Angehörige auch nur dieses auf Kosten der Sozialhilfe verlangen, heißt es in der Entscheidung vom 13. April 2022.

Das BSG hatte am 25. August 2011 geurteilt, dass der Sozialhilfeträger mittellosen Hinterbliebenen nur die Kosten erstatten muss, die unmittelbar mit der Bestattung zusammenhängen, sowie die Kosten, die mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden sind. Todesanzeigen, Leichenschmaus, Anreisekosten oder Bekleidung gehören demnach nicht dazu.

Im Einzelfall kann es aber auch für bestattungspflichtige Hinterbliebene, die keine Sozialhilfe beziehen, unzumutbar sein, die Bestattungskosten zu tragen. Könne jemand die fälligen Bestattungsrechnungen wegen fehlender Einkünfte oder fehlenden Vermögens nicht im Monat der Fälligkeit bezahlen, müsse der Sozialhilfeträger noch nicht gleich einspringen, urteilte das BSG am 5. April 2019. Die Behörde dürfe aber auch nicht pauschal darauf verweisen, dass die Angehörigen die Kosten über einen Zeitraum von mehreren Monaten abstottern könnten. Dann sei die Kostenübernahme für eine Sozialbestattung möglich. Die Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung der Bestattung sei aber zumutbar, vorausgesetzt, die Bank spielt mit.

Az.: L 9 SO 49/23 (Landessozialgericht Essen)

Az.: L 2 SO 1679/19 (Landessozialgericht Stuttgart)

Az.: B 8 SO 20/10 R (Bundessozialgericht zu unmittelbar zusammenhängende Bestattungskosten)

Az.: B 8 SO 10/18 R (Bundessozialgericht zu Ratenzahlung bei Bestattungskosten)