Darmstadt (epd). Männer mit zu großen Brüsten können keine operative Brustverkleinerung auf Kosten der Krankenkasse verlangen. Sind sie von einer Brustdrüsenschwellung, der sogenannten Gynäkomastie, betroffen, stellt dies regelmäßig keine behandlungsbedürftige Krankheit dar, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am 3. September veröffentlichten Urteil. Nur wenn die vergrößerte männliche Brust zu orthopädischen oder dermatologischen Beschwerden führt oder eine entstellende Wirkung hat, sei eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkassen möglich.
Im Streitfall hatte der 52-jährige Kläger bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme für eine beidseitige operative Brustverkleinerung beantragt. Die vergrößerten Brüste seien besonders berührungsempfindlich. Er habe Schmerzen in Ruhe wie auch beim Sport. Die Krankenkasse wies ihn ab. Es bestehe eine nur leichtgradige Brustvergrößerung ohne entzündliche Veränderungen. Auch Hinweise auf eine Tumorerkrankung gebe es nicht.
Das LSG wies die dagegen eingelegte Klage des Manns zurück. Nicht jede „körperliche Unregelmäßigkeit“ stelle eine behandlungsbedürftige Krankheit dar, für die die Krankenkasse aufkommen müsse. Orthopädische oder dermatologische Beschwerden bestünden beim Kläger ebenso wenig wie besonders ausgeprägte Schmerzen. Dass der Kläger gelegentlich Schmerzmittel einnehme, könne eine operative Brustverkleinerung auf Krankenkassenkosten nicht rechtfertigen. Führe die vergrößerte männliche Brust zu psychischen Beschwerden, müssten diese vorrangig mit einer Psychotherapie behandelt werden.
Zwar könne ein Eingriff in den gesunden Körper auch bei einer Entstellung gerechtfertigt sein. Die Brustvergrößerung des Klägers wirke aber „nicht evident abstoßend“. Die etwas vergrößerte Brust falle bei flüchtigen Begegnungen in Alltagssituationen nicht auf.
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie liegt bei fast 50 Prozent der männlichen Jugendlichen zeitweise eine Brustvergrößerung vor, die sich in den allermeisten Fällen wieder zurückbildet. Starkes Übergewicht oder eine Hormonbehandlung nach Prostatakrebs können ebenfalls für eine Gynäkomastie verantwortlich sein.
Az.: L 1 KR 193/22