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Wohnungsbau-Bündnis fordert "Schwarzbrot statt Zuckerguss"



Die Aussichten für Mieterhaushalte haben sich im vergangenen Jahr weiter verschlechtert: Die Mieten sind gestiegen, der Neubau von bezahlbaren Wohnungen ist eingebrochen. Von der Immobilienwirtschaft bis zum Mieterbund verschärfen sich die Sorgen.

Berlin (epd). Um eine Wende auf dem Wohnungsmarkt herbeizuführen, fordert das Bündnis Wohnungsbau Milliardenförderungen vom Staat und Schritte zur Senkung der Baukosten. Der Neubau bezahlbarer Wohnungen müsse angekurbelt werden, erklärten die Verbände der Wohnungswirtschaft und Bauindustrie, die IG Bau und der Mieterbund am 11. April in Berlin. Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, sagte: „Es geht nicht ohne Neubau.“ Der Wohnungsbau müsse von der Politik so ernst genommen werden wie der Klimaschutz oder Investitionen in die Verteidigung.

Hoher Anstieg der Mietpreise

In Deutschland fehlen nach Angaben der Immobilienbranche inzwischen 800.000 Wohnungen. Das sind 100.000 mehr als noch im vorigen Jahr, wie die Verbände auf dem diesjährigen Wohnungsbau-Tag mitteilten. Das Bündnis verlangt von Bund und Ländern eine „sofortige Sonderförderung“ in Höhe von 23 Milliarden Euro, davon 15 Milliarden Euro für 100.000 neue Sozialwohnungen und 8 Milliarden Euro für den Bau von 60.000 bezahlbaren Wohnungen.

Die Bundesregierung werde auch 2024 ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr verfehlen, kritisierte das Bündnis. Siebenkotten erklärte, die Mieten seien im Vergleich zum Vorjahr prozentual fast zweistellig gestiegen. Jeder dritte der 21 Millionen Mieterhaushalte zahle mehr als 30 Prozent seines Einkommens für die Wohnung. Mehr als ein Drittel des monatlichen Budgets für die Miete aufbringen zu müssen, gilt als finanzielle Überlastung und Gefährdungsfaktor für Armut. Rund 9,5 Millionen Menschen leben in überbelegten Wohnungen. Ihre Zahl ist in drei Jahren um eine Million gestiegen.

Dem Chef der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, zufolge rechnen die Verbände in diesem Jahr mit einem Rückgang der Gesamtinvestitionen in den Wohnungsbau um knapp 5,5 Prozent. Preistreiber bei den Baukosten sei vor allem die Gebäudetechnik. Die Verbände fordern deshalb eine Senkung der Standards, damit einfacher, günstiger und schneller gebaut werden kann. Auch die Bodenpreise und gestiegene Kreditzinsen sorgten dafür, dass Bauherren und Wohnungsunternehmen ihre Neubauvorhaben auf Eis legen, hieß es. In der Folge seien die Aufträge eingebrochen, und es habe ein Abbau an Kapazitäten in der Bauindustrie eingesetzt.

Investitionen um 50 Prozent reduziert

Der Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Axel Gedaschko, erklärte, die Unternehmen hätten ihre Investitionen in Neubauten um 50 Prozent reduziert. Diese hätten aber schon in den vergangenen Jahren nicht ausgereicht, um den Bedarf zu decken. Er kritisierte die Förderpolitik: „Wenn die staatliche Förderung teure Wohnungen fördert, kommen teure Wohnungen raus“, sagte er: „Es kommt aber darauf an, nicht Zuckerbrot zu fördern, sondern das bezahlbare Schwarzbrot.“

Deutschland sei meilenweit von seinen Zielen im sozialen Wohnungsbau entfernt, obwohl Bund und Länder die Zuschüsse erhöht hätten, bilanzierte das Verbändebündnis Wohnungsbau. Die Ampel-Koalition hatte 400.000 neue Wohnungen im Jahr in Aussicht gestellt, davon sollten 100.000 Wohnungen Sozialwohnungen sein. Gebaut wurde dem Bündnis zufolge im vergangenen Jahr 25.000 neue Sozialwohnungen. Auch die Gesamtzahl neuer Wohnungen blieb in den vergangenen beiden Jahren deutlich hinter den Zielen zurück.

Bettina Markmeyer