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Taschengeld darf auch Spaßgeld sein




Ein Mädchen steckt sein Taschengeld ins Portemonnaie.
epd-bild/Anke Bingel
Der Umgang mit Geld lässt sich nicht früh genug lernen. Warum Taschengeld auch schon für Grundschulkinder wichtig ist und was Eltern beachten sollten.

Wiesbaden, München (epd). Süßigkeiten einfach mal so vom eigenen Geld selber kaufen oder auf ein Computerspiel sparen - in Familien ist Taschengeld meist ab der Grundschule ein Thema. Spätestens im Jugendalter sorgt es nicht selten für Diskussion in der Familie und unter Freunden, wie Katharina Steiner weiß. Sie ist Sozialarbeiterin im Jugend-Info-Zentrum Wiesbaden (JIZ), eine städtische Einrichtung für Jugendliche ab 14 Jahren, die auch bei Fragen zu Geldsachen hilft und berät. Steiner erlebt in ihrer Arbeit mit den jungen Leuten, dass die wenigsten ein festes, regelmäßiges und ungefragt ausbezahltes Taschengeld bekommen.

Zwar gibt es kein Gesetz, in dem ein Anspruch festgeschrieben wäre. Dennoch sollten Kinder und Jugendliche Taschengeld erhalten, sagt Angelika Guglhör-Rudan von der Fachgruppe „Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern“ beim Deutschen Jugendinstitut in München (DJI): „Es ist wichtig, dass sie einen Bezug zu Geld entwickeln, den Wert von Geld einzuschätzen lernen.“

Zahlungen ab der Grundschulzeit sinnvoll

Sie empfiehlt den Beginn zum Start der Grundschulzeit, wesentlich früher oder später sei weniger sinnvoll. Regelmäßig ausgezahltes Taschengeld führe dazu, dass Kinder selbstständiger würden. Wobei die Auszahlung und Verhandlung über das Taschengeld eine wunderbare Möglichkeit sei, über Geld, Haushalten und Sparen ins Gespräch zu kommen: „Das Gespräch über Geld sollte in der Familie kein Tabuthema sein.“

Tobias Anton ist Leiter der Erziehungs- und Familienberatungsstelle im Nachbarschaftshaus Wiesbaden. Er erklärt: „Geld ist ein wesentlicher Bestandteil des Lebens und für Kinder ist es leichter, den Umgang mit Begleitung von Erwachsenen zu lernen. Man kann darüber sprechen, 'Was-wäre-wenn-Gedanken' spielen lassen. Eltern dürfen jedoch nie vergessen, dass sie Vorbild sind.“ Um glaubwürdig zu sein, sollten sie sich beim Umgang mit Geld immer selbst an das halten, was sie den Kindern vorbeteten.

Selbstbestimmung und Freiheit

Für Kinder und Jugendliche bedeutet Taschengeld eine gewisse Selbstbestimmung und Freiheit. „Man gibt ihnen damit Verantwortung. Das kann auch das Selbstwertgefühl heben“, unterstreicht Jan-Uwe Rogge aus Bargteheide bei Hamburg, einer der bekanntesten Erziehungsexperten Deutschlands. Er gibt den Rat: „Vorschuss auf Taschengeld sollte es nicht geben. Wenn es den wöchentlichen oder monatlichen Rahmen übersteigt, dann muss ein Kind sparen. Auch das kann ein Effekt des Taschengeldes sein.“

Wie das richtige Maß finden? Eine Orientierung, nach Alter der Kinder, gibt etwa die Taschengeldtabelle des Deutschen Jugendinstituts. Sie wird auf Basis der Inflationsraten aktualisiert. So wird beispielsweise für Kinder von sechs Jahren 1 Euro bis 1,50 Euro pro Woche und für Zehnjährige 16 Euro bis 18,50 Euro pro Monat empfohlen.

Freie Verfügung über das Geld ist wichtig

Das sind Richtlinien, auf die auch Familientherapeut Tobias Anton verweist, wobei er anmerkt, dass letztlich auch das gesamte Familieneinkommen berücksichtigt werden müsse. Anton: „Wir kennen Familien, die an der Armutsgrenze leben und sich nicht die Beträge der Tabelle leisten können. Wichtig ist dabei ein offener Umgang in der Thematik. Eltern dürfen sagen, dass momentan nicht mehr Geld zur Verfügung steht und sie nicht aus 'bösem Willen‘ Geld zurückhalten.“

Egal in welcher Höhe - grundsätzlich sollte Taschengeld zur freien Verfügung der Kinder da sein. „Sie selbst sollen entscheiden können, wofür sie ihr Geld ausgeben“, erklärt Guglhör-Rudan. Für „sinnvolle“ Dinge, wie etwa Schulmaterialien oder notwendige Kleidung, könne zusätzlich ein sogenanntes Budgetgeld gezahlt werden - das dann aber erst für Jugendliche, um den Weg zur finanziellen Eigenständigkeit weiter zu fördern.

Über bewußten Umgang mit Geld im Gespräch bleiben

„Taschengeld ist also 'Spaßgeld'“, so formuliert es Jan-Uwe Rogge. Kinder gäben es für Süßigkeiten, Spielzeug, Schnickschnack aus, oft auch für Dinge, über die Eltern vielleicht die Augen rollten: „Wer Taschengeld gibt, muss als Eltern auch lernen, ästhetische oder pädagogische Ansprüche abzugeben.“

Für einen bewussteren Umgang mit Geld sollte man aber trotzdem im Gespräch bleiben, sagt Erziehungsberater Anton: „Eltern können bei ihren Kindern erfragen, was ihnen beim Thema Geld und Konsum wichtig ist. Man kann mit Kindern zusammen abwägen, ob sie beispielsweise das Geld für Süßigkeiten ausgeben wollen, die recht schnell weg sind, oder lieber in Spielkarten investieren wollen, von denen sie länger haben. So können Kinder herausfinden, was Ihnen wichtig ist und sich darüber bewusst werden, wofür sie Geld ausgeben oder gar zurückhalten wollen, um sich etwas zu ersparen.“

Claudia Kroll-Kubin