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Familie

Hickel: Ehegattensplitting abschaffen



Bremen (epd). Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel unterstützt die Forderung von SPD-Chef Lars Klingbeil, das Ehegattensplitting zugunsten der geplanten Kindergrundsicherung abzuschaffen. „Klingbeil hat recht“, sagte Hickel dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Ehegattensplitting schütze eine Familie „mit dem Alleinverdiener und der berufslosen Frau, die für die unentgeltliche Hausarbeit zuständig ist“. Das sei ein „antiquiertes Steuermodell“, kritisierte der Ökonom.

„Der Mythos von der Stärkung der Ehe auf der Basis traditioneller Rollenteilung zwischen Mann und Frau in der Familie war schon immer ärgerlich“, machte Hickel deutlich. Er erläuterte, der größte Vorteil beim Ehegattensplitting ergebe sich, wenn nur ein Ehepartner am besten hohe Einkünfte erziele. „Vom Einkommen her lohnt es sich steuerlich für die Frau im Haus nicht, berufstätig zu werden, denn je mehr sie verdient, umso geringer fällt der Splittingvorteil aus.“

Frauen bei Erwerbsbeteiligung ausgebremst

Empirische Untersuchungen zeigten, „dass in Deutschland dieses konservative Steuerrecht eine Vielzahl von Frauen bei der Erwerbsbeteiligung ausgebremst hat“, fügte Hickel hinzu. Wer am Ehegattensplitting festhalte, konserviere „dieses die Frauen diskriminierende Familienmodell und verhindert deren berufliche Entfaltung“.

Diese Kritik betonten auch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie die EU-Kommission, sagte Hickel. Der Finanzexperte verwies auch auf die in der öffentlichen Debatte genannte Summe von 20 Milliarden Euro jährlich, die dem Staat durch die berufliche Zurückhaltung von Frauen entgehe.

Die Streichung des Ehegattensplittings würde zwar zu Verlusten beim Nettoeinkommen vor allem in den starken Einkommensschichten führen, räumte Hickel ein. Doch die Steuermehreinnahmen für die Kindergrundsicherung zu verwenden, diene der ökonomischen Unterstützung von Jungen und Mädchen in armen Familien und Lebensgemeinschaften.

Susanne Rochholz, Dieter Sell