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Knapp die Hälfte arbeitet in Unternehmen mit Tarifbindung



Knapp die Hälfte aller Mitarbeitenden in deutschen Unternehmen arbeiten mit Tarifbindung. Doch die Bewertung der neuen Daten fällt unterschiedlich aus. Die Linke sieht eine besorgniserregende Entwicklung, die Arbeitgeber zeigen sich zufrieden.

Wiesbaden, Berlin (epd). Knapp die Hälfte der Beschäftigten in Deutschland sind in einem tarifgebundenen Betrieb beschäftigt. Wie das Statistische Bundesamt am 2. Juni in Wiesbaden mitteilte, arbeiteten im vergangenen Jahr rund 49 Prozent der Arbeitnehmer in einem Betrieb mit Tarifbindung. Dabei bestehen deutliche Unterschiede zwischen den Branchen.Als tarifgebunden wird ein Betrieb dann bezeichnet, wenn ein Branchen- oder Firmentarifvertrag Anwendung findet.

Große regionale Unterschiede

Die höchste Tarifbindung gibt es demnach im Bereich Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung mit 100 Prozent. Es folgen Energieversorgung (85 Prozent), Erziehung und Unterricht (82 Prozent) und Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (75 Prozent). Die Wirtschaftsbereiche mit der geringsten Tarifbindung im Jahr 2022 waren Land- und Forstwirtschaft, Fischerei (11 Prozent), Gastgewerbe (20 Prozent), Kunst, Unterhaltung und Erholung (21 Prozent) sowie Grundstücks- und Wohnungswesen (22 Prozent).

Die Bundesregierung hat eine verbesserte Tarifbindung im Handwerk als Ziel im Koalitionsvertrag festgehalten. Rund 42 Prozent aller Beschäftigten im Handwerk waren den Angaben zufolge 2022 in einem tarifgebundenen Betrieb beschäftigt. Dabei gibt es Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland: Während die Tarifbindung in Ostdeutschland nur 32 Prozent betrug, lag sie in Westdeutschland bei 43 Prozent.

Die niedrigsten Tarifbindungen insgesamt wiesen Berlin und Sachsen mit jeweils 43 Prozent auf sowie Thüringen mit 45 Prozent. Die höchsten Tarifbindungen waren in Bremen (56 Prozent) und im Saarland (53 Prozent) zu verzeichnen.

„Schmutzige Wettbewerbsvorteile“

„Rund 20 Millionen Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland sind tarifvertraglich geregelt. Bezieht man die Unternehmen mit ein, die sich an Tarifverträgen orientieren, sind es sogar 75 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Steffen Kampeter. Die neuen Daten seien Ausdruck gelebter Sozialpartnerschaft, „die wir stärken und für die Zukunft weiter ausbauen wollen“.

Er warb für moderne Tarifverträge und verlässliche Tarifpartner: „Ständige politische Einmischungen des Gesetzgebers wird die Tarifbindung nicht fördern. Jeder Sozialpartner muss seine organisatorischen Herausforderungen selbst und nicht mit Hilfe des Staates lösen“, betonte Kampeter.

Die Linkspartei sieht die Quote der Tarifbindung dagegen kritisch. Weniger als die Hälfte der Beschäftigten in tarifgebundenen Betrieben - diese Quote sei „besorgniserregend“, sagte Pascal Meiser, gewerkschaftspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag. Die Bundesregierung dürfe nicht länger tatenlos zusehen, wie sich „immer mehr Unternehmen der Tarifbindung entziehen und sich so schmutzige Wettbewerbsvorteile gegenüber denjenigen Konkurrenten verschaffen, die nach Tarif zahlen“. Meiser warb für einen Aktionsplan, der es erleichtere, per Allgemeinverbindlichkeitserklärung Tarifverträge auf ganze Branchen zu übertragen.

Dirk Baas