Braunschweig/Kiel (epd). Viele Väter sehen sich einer Studie zufolge in einem Rollenkonflikt zwischen Familie und Beruf. Dies führe dazu, dass sie ihren Vorstellungen von einer aktiven Vaterschaft nicht gerecht werden können, heißt es in der am 6. Februar vorgestellten Erhebung der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel. Sie haderten zudem mit den Erwartungen, die die Gesellschaft und ihr soziales Umfeld an ihre Vaterrolle stellen.
Der Druck vonseiten der Arbeitgeber, Familien, aber auch der Gesellschaft, sich etwa ehrenamtlich in der Kita zu engagieren, sei auch für Väter groß, sagten die Autoren der Studie „You don't need to be Superheroes“, Kim Bräuer von der TU Braunschweig und Kai Marquardsen von der FH Kiel, bei einer Online-Präsentation. Über 75 Prozent der Väter betonten laut der Studie, dass ihr Beruf ihr Vatersein tangiere. Von den 75 Prozent sagten wiederum fast 80 Prozent, diese Auswirkungen seien negativ.
Obwohl 60 Prozent der Väter angaben, dass sie mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten, war nur etwa jeder zehnte Vater länger in Elternzeit als der andere Elternteil. Das habe oft finanzielle Gründe, liege aber zum Teil auch daran, dass Männer den Müttern ihrer Kinder auf deren eigenen Wunsch hin den Vortritt bei der Elternzeit ließen, sagte Bräuer. Sie forderte, das Elterngeld zu erhöhen. Aktive Vaterschaft müsse sich finanziell lohnen. „Sonst bleibt sie Vätern, die sozial nicht so gut gestellt sind, verwehrt.“
Ein Großteil der Befragten hat sich der Studie zufolge von dem Bild des Vaters als Ernährer gelöst. Nur rund 12 Prozent halten es für ihre wichtigste Aufgabe, der Familie finanzielle Sicherheit zu bieten. „Viele Väter haben angegeben, dass ihnen monetäre Werte weniger wichtig seien als soziale oder emotionale Werte“, sagte Marquardsen. Vätern sei es wichtig, ihren Kindern Zuneigung zu zeigen und Vertrauen zu vermitteln. Werte wie Disziplin oder Durchsetzungsvermögen hätten dagegen nur wenige Väter als erstrebenswert angegeben.
Die Frage, ob sie Vorbilder für ihre Vaterrolle im Internet und den sozialen Medien finden, verneinten mehr als 80 Prozent der Väter. In der digitalen Welt herrscht den Studienautoren zufolge der weiße, aktive, finanziell abgesicherte Vater vor. Arme Väter oder Väter mit Migrationserfahrung würden dagegen selten vorkommen.
Die Untersuchung ist nach Angaben der Sozialwissenschaftler eine der umfassendsten Väter-Studien bundesweit. Sie berücksichtigt nicht nur rechtliche und biologische Väter, sondern auch Familienkonstellationen, in denen Pflegeväter oder homosexuelle Paare Eltern seien, sowie Co-Parenting-Modelle, in denen zwei Menschen Kinder großziehen, die keine romantische Beziehung miteinander führen.
Befragt wurden Männer zwischen 17 und 67 Jahren. Fast 85 Prozent von ihnen sind wöchentlich mindestens 40 Wochenstunden erwerbstätig. Der Studie liegen 2.200 Befragungen zugrunde.