Essen, Berlin (epd). Die Tafeln in Deutschland verzeichnen seit Beginn des Jahres stark steigende Zahlen von Bedürftigen. Die Sprecherin der Tafeln Deutschland, Anja Verres, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin, fast alle Einrichtungen hätten im Sommer angegeben, dass sie 50 Prozent mehr Nutzerinnen und Nutzer verzeichneten als noch 2021. Bei einigen habe sich die Kundenzahl sogar verdoppelt.
Der Anstieg betrage beispielsweise bei den Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen seit Beginn des Ukraine-Kriegs mehr als 40 Prozent, sagte die Sprecherin des Landesverbandes, Petra Jung, der „Neuen Ruhr/Neuen Rhein Zeitung“. „Vor Beginn des Ukraine-Krieges hatten wir landesweit etwa 350.000 Kunden, jetzt sind es mindestens 500.000“, sagte Jung. Darunter seien viele neue Kunden, etwa Geflüchtete aus der Ukraine. Es kämen aber auch Rentner wieder, die wegen der Corona-Krise ferngeblieben seien, weil sie jetzt „angstvoll auf die kommenden Energierechnungen warten“.
Dieser Trend sei deutschlandweit zu beobachten, sagte Verres. Schon vor Beginn des Ukrainekrieges seien mehr Kundinnen und Kunden zu den Tafeln gekommen, weil die Inflation bereits damals angezogen habe. „Mit Kriegsbeginn gingen die Zahlen noch einmal deutlich nach oben“, sagte Verres.
Sie wies darauf hin, dass der Bedarf sogar noch größer sei. Aber rund ein Drittel der Tafeln in Deutschland hätten Aufnahmestopps verhängt. Die Sprecherin des nordrhein-westfälischen Landesverbands sagte, es sei „eine enorme psychische Belastung für die Ehrenamtler“, wenn sie Menschen wegschicken müssten, die eigentlich berechtigt wären, an den Tafeln Lebensmittel zu erwerben.
Zugleich nehme das Angebot ab, schilderte Verres: „Die Lebensmittelspenden gehen zum Teil deutlich zurück.“ Supermärkte könnten weniger abgeben, weil die Lieferketten infolge von Krieg und Corona gestört seien. Es fehle an Lebensmitteln, in anderen Fällen an Verpackungsmaterial. Zudem kalkulierten die Supermärkte spitzer, von denen die Tafeln Lebensmittel beziehen, sagte Jung: „Es bleibt weniger für uns übrig.“ Auch Geldspenden seien seit Beginn des Ukrainekriegs rückläufig.