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Behinderung

Mit Down-Syndrom auf Instagram




Tamara Röske (re.) mit ihrer Mutter Antje
epd-bild/Uta Rohrmann
Sie hat im "Tatort" mitgespielt, gemodelt und lernt jetzt Klarinette: Tamara Röske lässt sich von ihrem Down-Syndrom nicht unterkriegen. Sie hat Tausende Fans im Netz. Hässliche Kommentare beachtet sie nicht.

Stuttgart (epd). „Tamara ist ein rundum stimmiges Paket. Das beste Geschenk, das ich kriegen konnte“, sagt Antje Röske über ihre Tochter. „Mama ist ehrgeizig und unterstützt mich. Ich lerne ganz viel dazu. Sie ist immer für mich da und ich für sie,“ sagt Tamara Röske, die mit Down-Syndrom geboren wurde. „Wir sind ein gutes Gespann“, sind sich die beiden Frauen einig.

Mit ihrer Lebensfreude und Power sind die Stuttgarterinnen zu Mutmacherinnen geworden, an denen sich ablesen lässt, dass es sich lohnt, Träume zu verfolgen, nicht aufzugeben, anderen freundlich und herzlich zu begegnen, notfalls auch mal Klartext zu reden und die Schönheit des Lebens zu genießen.

Die Diagnose traf die Mutter unvorbereitet

In die Freude über die Geburt ihres ersten Kindes im Januar 1996 mischten sich bei Antje Röske Traurigkeit und Sorge. Die Diagnose Down-Syndrom traf die 26-Jährige unvorbereitet. Doch bald war sie entschlossen: „Ich habe da eine Aufgabe gestellt bekommen, und die werde ich jetzt anpacken.“ Für sie war klar, Tamara, wie auch ihren jüngeren Bruder, der mit einer Körperbehinderung zu kämpfen hatte, „ganz normal“ zu erziehen und so weit wie möglich selbstständig werden zu lassen - unabhängig von der Meinung anderer.

Heute ist Tamara selbst 26 Jahre alt und hat es weit gebracht. „Alles Üben und Lernen und die vielen Therapien haben sich ausbezahlt“, freut sich ihre Mutter. Nach Abschluss der sonderpädagogischen Helene-Schoettle-Schule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung kann sie lesen und schreiben, findet sich im Alltag wie im öffentlichen Nahverkehr gut zurecht und hat einen Beruf als Lageristin bei einem Bademoden- und Wärmeexperten, den sie gerne ausübt.

Als Model und Schauspielerin ist sie inzwischen so bekannt, dass es einen Wikipedia-Eintrag über sie gibt. In den Sozialen Medien, die ihre Mutter als Ghostwriterin bedient, hat die junge Frau 2.500 Follower bei Facebook und mehr als 15.000 bei Instagram.

Jetzt lernt Tamara auch noch Saxophon

Dennoch bleibt Tamara genügend Zeit für Hobbys. Sie bekommt Einzelunterricht in Klarinette, spielt in zwei Orchestern und möchte nun noch Saxophon erlernen. Auch Reiten, Schwimmen und Leichtathletik machen ihr Freude. Bei den Special Olympics in Berlin holte sie diesen Sommer zweimal Silber.

Tamaras Talent zum Modeln entdeckte die Stuttgarter Fotografin Conny Wenk. Diese porträtierte 2008 in „Außergewöhnlich - Väterglück“ Papas mit ihren Down-Syndrom-Kindern - auch Tamara mit ihrem Vater Klaus. 2010 initiierte Wenk ein Shooting in Paris mit Einzelporträts der damals 14-Jährigen. Unter dem Titel „The girl with the freckles“ entstand ein Kunstfotografiebuch. Weitere Aufnahmen fanden 2016 in Rom statt.

Inzwischen wurde die junge Frau auch von zahlreichen anderen Fotografen, Firmen oder Friseurinnen entdeckt. Sie stand für die Designer Hugo Boss und Victoria Beckham vor der Kamera, ebenso für die Marken Adidas, Blutsgeschwister, Invisible oder das Unterwäschelabel Sugar Shape.

Anfragen aus der Werbung

2017 trat sie in „Die Toten vom Bodensee - Abgrundtief“ erstmals mit einer kleinen Rolle als Filmschauspielerin auf. Dann nahm Tamara Röske an einem Casting für „Fack yu Göhte 3“ teil und spielte an der Seite von Elyas M'Barek. Bei „Kreuzfahrt ins Glück“ übernahm sie 2020 eine größere Rolle und stand neben Florian Silbereisen auf dem Traumschiff.

Bei den Dreharbeiten wird Tamara stets von ihrer Mutter begleitet und unterstützt. Das Erlernen der Texte ist für die Frau mit Down-Syndrom eine größere Herausforderung als für die anderen Schauspieler. Antje Röske kommt entgegen, dass sie in ihrem Beruf als Geschäftsleitungsassistentin teilweise auch von unterwegs arbeiten kann. Die Münchner Agentur Walcher managt die Aufträge.

Bei allem Spaß an der Arbeit und vielen Freunden und Fans, die die junge Frau hat - auch hässliche Kommentare und abwertende Blicke gibt es, die sich an ihrer Behinderung festmachen. „Das beachte ich nicht“, sagt sie schlicht, „ich mache einfach mein Ding.“

Ein neuer Lebensabschnitt ist in Sicht: Bald wird die lebensfrohe Frau ihr Cannstatter Elternhaus verlassen und gemeinsam mit ihrer besten Freundin und weiteren jungen Leuten eine von der Diakonie betreute Wohngemeinschaft im Stuttgarter Norden beziehen.

Uta Rohrmann