Berlin (epd). Das Bundeskabinett hat am 6. Juli den Gesetzentwurf zum sogenannten Chancen-Bleiberecht für langjährig in Deutschland geduldete Ausländer gebilligt. Das Parlament muss den Entwurf noch beraten und kann Änderungen vornehmen. Die Pläne der Regierung sehen Folgendes vor:
Wie im Koalitionsvertrag vereinbart will die Bundesregierung Ausländern, die zum Stichtag 1. Januar 2022 seit fünf Jahren ohne sicheren Aufenthaltstitel in Deutschland lebten, ein Bleiberecht für ein Jahr ermöglichen. In dieser Zeit haben sie die Chance, die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Bleiberecht zu erfüllen. Dazu zählen unter anderem Sprachkenntnisse, der Identitätsnachweis und die Sicherung des Lebensunterhalts. Wer es nicht schafft, fällt in die Duldung zurück. Das Chancen-Bleiberecht kann laut Entwurf nicht verlängert werden. Straftäter und ihre Familien sollen vom Chancen-Bleiberecht ausgeschlossen werden. Andererseits sollen Angehörige, die noch keine fünf Jahre in Deutschland sind, ein Chancen-Bleiberecht erhalten, wenn ein enger Verwandter es erhält. So soll vermieden werden, Familien auseinanderzureißen. Vom neuen Bleiberecht profitieren könnten laut Innenministerium rund 136.600 der etwa 242.000 Geduldeten in Deutschland.
Mit dem Gesetz will die Koalition aus SPD, Grünen und FDP auch die Hürden für das stichtagsunabhängige Bleiberecht senken. Gut integrierte Jugendliche und Erwachsene bis 27 Jahren sollen künftig nach drei statt bislang vier Jahren einen sicheren Aufenthaltsstatus bekommen können. Für Erwachsene soll die Wartezeit auf sechs (bislang acht) Jahre beziehungsweise bei Familien mit minderjährigen Kindern auf vier (bislang sechs) Jahre reduziert werden. Voraussetzungen wie Sprachkenntnisse und Lebensunterhaltssicherung sind dabei erforderlich. Von der 2015 beschlossenen Bleiberechtsregelung haben nach Angaben des Innenministeriums bislang 16.000 Jugendliche und 12.000 Erwachsene, die alle Voraussetzungen erfüllten, Gebrauch gemacht.
Um für Fachkräfte die Einwanderung nach Deutschland attraktiver zu gestalten, soll beim Nachzug ihrer Familien künftig auf den Nachweis von Deutschkenntnissen verzichtet werden. Die Regelung ist auf Fachkräfte begrenzt. Dies erntet Kritik, weil die Ampel im Koalitionsvertrag auch Erleichterungen bei der Familienzusammenführung von Flüchtlingen versprochen hat, die im aktuellen Gesetzentwurf noch nicht umgesetzt werden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will einem größeren Personenkreis sowie insgesamt einen früheren Zugang zu Integrationskursen und Berufssprachkursen ermöglichen. Ihre Gesetzespläne sehen unter anderem vor, den bisherigen Ausschluss von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten zu beenden. Als solche sind in Deutschland - neben den EU-Mitgliedstaaten - Albanien, Bosnien-Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal und Serbien definiert.
Der Gesetzentwurf sieht auch eine Ausweitung bei der Abschiebehaft vor. Künftig sollen Ausländer bis zu sechs Monate in Abschiebehaft genommen werden können, wenn das sogenannte Ausweisungsinteresse bei ihnen groß ist. Das gilt etwa nach der Verurteilung wegen begangener Straftaten. Die maximal zulässige Dauer der Abschiebehaft liegt eigentlich bei drei Monaten. Auf ein halbes Jahr kann sie derzeit verlängert werden, wenn von dem Betroffenen eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben oder die innere Sicherheit ausgeht.