Osnabrück (epd). Corona soll weg, finden die Viertklässler der Franz-Hecker-Schule in Osnabrück. „Hau ab, Corona!“, oder „Hallo Corona-Virus, ich finde dich doof!“, haben sie in Briefen an das Virus geschrieben. So wie Jonas und Rukaiya haben mehr als 500 Osnabrücker Bürger zwischen fünf und 87 Jahren ihre Gedanken und Erlebnisse rund um Masken, Lockdown und Quarantäne zu Papier gebracht. Aus allen Texten und Bildern ist ein 300 Seiten starkes Buch entstanden. „Und dann kam Corona - Über das Leben in schwierigen Zeiten“ lautet der Titel.
Die Beiträge zeigten vor allem, wie viele Menschen der Krise auch positive Seiten abgewinnen konnten, sagt Martina Dannert. Einige hätten den Sport für sich entdeckt, andere das Wandern, Spielen oder Lesen. „Zumindest die Hoffnung auf bessere Zeiten scheint bei fast allen durch. Das war wie ein Geschenk für uns alle.“ Die Leiterin der Stadtbibliothek hat das Projekt „Eine Stadt schreibt ein Buch“ im vergangenen Jahr ins Leben gerufen. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie Einsendungen gesichtet und für den Druck vorbereitet. „Redigiert oder aussortiert haben wir nur ganz wenig.“
Einzige Vorgabe für die Teilnahme war: Als Aufhänger für ihre Corona-Geschichten und -Zeichnungen sollten sich die Autorinnen und Autoren einen fiktiven oder realen Gegenstand aussuchen. Das Virus und die Maske avancierten in der Folge zu Hauptdarstellern oder Adressaten in Gedichten, Briefen. Märchen, Tagebucheinträgen, Collagen, Comics oder Zeichnungen.
„Liebes Corona-Virus“, beginnen die meisten Briefe der Franz-Hecker-Grundschüler. Ella-Mae erzählt, dass sie den Lockdown ohne Schule „echt blöd“ fand. Dann bekam sie eine Tagesmutter: „Mit ihr macht das Homeschooling sogar richtig Spaß. Einmal war ich beim Rechnen sogar schneller als sie.“ Ein Klassenkameradin schreibt: „Danke Corona! Wegen dir macht Bücher lesen Spaß.“ Zum Schluss hat sie aber dennoch eine dringliche Bitte an das Virus: „Schließ die Schulen nicht! Danke.“
Maliks Familie hat die Krankheit schwer getroffen: „Mein Opa ist im Krankenhaus, meine Oma ist krank und ich bin so erkältet wie meine ganze Familie. Wir haben alle Corona.“, schreibt er und fährt fort: „In ein paar Tagen haben wir es hoffentlich geschafft und ich darf endlich wieder zur Schule gehen und auch meine Freunde sehen.“
Nicht nur Schulklassen, auch Literaturzirkel, Mütter und Väter, Klinikstationen, Kinder und Jugendliche, Rentner, Seniorenheim-Gruppen und Wohngemeinschaften haben Beiträge eingereicht. Gerechnet hatten Dannert und ihr Team mit maximal 100 Einsendungen. Es wurden fünf Mal so viele. „Wir wurden geradezu erschlagen von so vielen schönen Dingen“, sagt die Initiatorin. Viele hätten ihre Texte zusätzlich bebildert. Diese Zeichnungen habe sie nicht in das Buch aufnehmen können. Sie sind aber zusammen mit Gegenständen, die in den Geschichten eine Rolle spielen, bis Ende November in einer Ausstellung in der Stadtbibliothek zu besichtigen.
Dazu gehören auch die Kunstwerke von Henner Lesemann. Der 67-Jährige ehemalige Lehrer hat Maskenträger aller Art und mit freundlichem Pinselstrich die Biontech-Gründer Özlem Türeci und Ugur Sahin vor dem am Abendhimmel untergehenden Coronavirus karikiert.
Lebendige Bilder bauen sich auch vor dem inneren Auge des Lesers von Christoph Repenthins kleiner Geschichte über die Tücken des Maskenalltags auf. Der 87-Jährigen passionierte Fahrradfahrer weiß kaum, wohin mit dem Gummizug, wenn er sich täglich mit Mütze, Helm und Sonnenbrille auf den Weg macht: „Ich möchte jedenfalls nicht Ohr sein, um das alles auszuhalten.“
Was sich hinter Ulla Kalberg (66) Osnabrück-Rätsel verbirgt, lässt sich leicht erraten. Sie habe während des Lockdowns das Tischtennisspielen für sich wiederentdeckt, erzählt die alleinstehende Gesundheitspädagogin. „Ich hatte damals große Angst vor der Einsamkeit.“ Das fast tägliche Spiel mit dem kleinen Ball auf einem öffentlichen Spielplatz mit oft völlig fremden Menschen habe sie gerettet. „Da begegnet einem so viel Lächeln. Damit bin ich gut durch die Krise gekommen.“