sozial-Politik

Diversität

Wie andere Staaten Vielfalt im Parlament leben



Frankfurt a.M. (epd). Von dem Anspruch, ein „Spiegel der Gesellschaft“ zu sein, sind die Landtage und der Deutsche Bundestag weit entfernt. Andere Staaten sind hier wesentlich weiter, egal ob bei Frauen, ethnischen Minderheiten oder beim Alter. Eine für alle perfekte Volksvertretung gibt es aber selbst in vorbildlichen Ländern nicht.

Neuseeland:

Das Parlament Neuseelands gehört zu den diversesten der Welt. Mit 58 weiblichen Abgeordneten erreicht die Volksvertretung einen Frauenanteil von rund 48 Prozent. Im Parlament sitzen außerdem sieben Maori.

Der vom Kulturministerium initiierten „Enzyklopädie von Neuseeland“ zufolge identifizieren sich 21 Prozent der Mitglieder des Parlaments als Maori, neun Prozent als Pazifische Insulaner und weitere neun Prozent als Menschen ohne europäischen Hintergrund.

Die Diversität des Parlaments spiegelt sich auch im 20-köpfigen Kabinett von Premierministerin Jacinda Ardern wider, wie Zahlen der Interparlamentarischen Union, eine globale Vereinigung nationaler Parlamente, zeigen. Demnach sind acht Mitglieder des Kabinetts weiblich, fünf sind Maori, drei sind Pazifische Insulaner und drei gehören der LGBTQ+-Gemeinschaft an. Die Regierung sei zudem im Schnitt dreieinhalb Jahre jünger als das vorherige.

Eins zu eins abbilden kann das Parlament des Pazifikstaats die Gesellschaft aber nicht. Das Statistische Amt Neuseeland gibt den Anteil der Maori an der Gesamtbevölkerung im Zensus 2018 mit 16,5 Prozent an, den von Pazifischen Insulaner mit 8,1 Prozent, den von Asiaten mit 15,1 Prozent und den von Menschen aus dem Nahen Osten, Lateinamerika und Afrika mit 1,5 Prozent an. Die Befragten konnten allerdings mehr als eine ethnische Zugehörigkeit auswählen.

USA:

Unter dem neuen US-Präsidenten Joe Biden ist das Kabinett wesentlich vielfältiger als das unter seinem Vorgänger Donald Trump. Elf der 24 Mitglieder sind weiblich, fünf von ihnen sind Schwarz. Zudem zogen drei Latinos und eine Latina, eine chinesisch-stämmige sowie eine Politikerin mit indigenen Wurzeln in den Ausschuss ein. Die Vizepräsidentin Kamala Harris ist die erste afroamerikanische und asiatisch-amerikanische Person in dieser Position.

Gleichzeitig zeigen sich im Senat und im Repräsentantenhaus nach Daten des Pew Research Centers noch immer deutliche Unterschiede zwischen der Verteilung ethnischer Minderheiten in den beiden Kammern und ihrer Verteilung in der Gesamtbevölkerung. So waren Anfang 2021 insgesamt 23 Prozent der Abgeordneten Nicht-Weiße. Wären die Parlamente eine exakte Kopie der Gesellschaft, müssten es 40 Prozent sein.

Finnland:

Das nordeuropäische Land war im Jahr 1906 der erste Staat in Europa, in dem Frauen das aktive und das passive Wahlrecht bekamen. In Deutschland wurde Frauen dieses Recht erst zwölf Jahre später zugestanden. Auch heute nehmen Frauen in Finnland eine stärkere Rolle in der Politik ein als in Deutschland. Nach der letzten Wahl 2019 zogen 46 Prozent weibliche und 54 Prozent männliche Abgeordnete ins Parlament ein. Das Land verzichtet dabei auf eine gesetzliche Quote für die Nominierungen der Kandidatinnen und Kandidaten.

Aktuell ist Sanna Marin Ministerpräsidentin Finnlands. Die 35-Jährige ist die jüngste Frau in dieser Position in der Geschichte des Landes. In ihrem Kabinett sitzen zehn Ministerinnen und acht Minister.

Schweden:

Wenn es um Diversität in Parlamenten geht, ist Schweden in Europa der Vorreiter. Im vergangenen Jahr waren 47 Prozent der Abgeordneten im Schwedischen Reichstag Frauen. Die schwedische Regierung bezeichnet sich selbst als feministisch.

Im schwedischen Parlament sind nach offiziellen Angaben sechs von zehn Abgeordneten jünger als 50 Jahre alt. Dies entspricht in etwa der Verteilung in der Gesamtbevölkerung. Etwa ein Viertel der Parlamentsmitglieder hat keinen Universitätsabschluss. Der durchschnittliche Bildungsgrad ist demnach höher als in der Allgemeinheit. Auch bei den Abgeordneten mit Migrationshintergrund hängt Schweden hinterher, obwohl die Differenz nicht so groß ist wie in Deutschland. Den Angaben zufolge wurden 11,5 Prozent der Volksvertreterinnen und -vertreter im Ausland geboren, während es in Gesamtschweden 19,7 Prozent sind.

Die indigenen Samen haben in Schweden - wie auch in Finnland und Norwegen - ein eigenes Parlament. Der Sametinget ist sowohl eine gewählte Volksvertretung als auch eine staatliche Behörde und soll eine gelebte samische Kultur sicherstellen. Unter anderem ist er offiziell für die Rentierhaltung zuständig.