Bielefeld (epd). Mitarbeitervertretungen von sozialen Einrichtungen und Gewerkschaften fordern von einer künftigen Bunderegierung einen Systemwechsel bei den Arbeitsbedingungen in der Pflege. In einem am 29. Juli veröffentlichten „Bielefelder Appell“ haben 27 Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen flächendeckende Tarifverträge sowie bessere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen in der Pflege, Altenhilfe und Eingliederungshilfe angemahnt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft ver.di unterstützen die Forderungen.
Ökonomische Faktoren dürften nicht mehr im Vordergrund stehen, sondern pädagogische und pflegerische, fordert der „Bielefelder Appell“. Die sogenannte „Daseinsvorsorge“ sei eine öffentliche Aufgabe, Privatisierungen in diesem Bereich dürften nicht mehr zugelassen werden. Zudem werden gesetzlich verankerte, fachkraftbezogene Standards für die Personalbemessung für alle sozialen Arbeitsfelder angemahnt.
Nach jahrelangen immer schlechter werdenden Bedingungen durch Marktlogik und Neoliberalismus müsse die Qualität von Begleitung, Betreuung und Pflege wieder an die erste Stelle gesetzt werden, erklärte der Sprecher des „Bielefelder Appells“ und Vorsitzende der Gesamtmitarbeitervertretung in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, Christian Janßen. Kostendämpfungen hätten in den letzten Jahren zu Einsparungen beim Personal und zu einer schlechteren Betreuungsqualität geführt. Das bedeute für die Beschäftigten immer engere Personalschlüssel und zunehmende Arbeitsverdichtung.
Die Beschäftigten in der Pflege benötigten gute Arbeitsbedingungen, die nicht krankmachen, und eine angemessene tarifliche Bezahlung, sagte das Mitglied des geschäftsführenden DGB-Bundesvorstands, Anja Piel, in einer Videobotschaft. Sie „brauchen sicher keinen Druck durch chronische Unterbesetzung, Lohndumping und prekäre Arbeitssituationen“.
Annette Klausing von der Gewerkschaft ver.di des Landesbezirks Niedersachsen erklärte, dass das soziale System unter diesen Bedingungen langfristig nicht funktionieren könne. Auch die Ausbildung müsse attraktiver werden, um dringend benötigte Nachwuchskräfte zu gewinnen.
Bielefeld habe mit den v. Bodeschwinghschen Stiftungen, dem Evangelischen Johanniswerk sowie Einrichtungen der Diakonie, der Arbeiterwohlfahrt und dem Deutschen Roten Kreuz eine bundesweit einmalige Dichte von Einrichtungen und Diensten in der Pflege und Betreuung, erklärte Janßen. Die 27 Mitarbeitervertretungen stünden nach eigenen Worten für 26.000 Beschäftigte in der Alten- und Eingliederungshilfe sowie in der Pflege und in Krankenhäusern. Der „Bielefelder Appell“ hatte bereits im Jahr 2012 bessere Arbeitsbedingungen für Sozial- und Pflegeberufe gefordert.