sozial-Recht

Oberlandesgericht

Co-Mutterschaft: Fehlende Regelung für verfassungswidrig



Celle (epd). Das Oberlandesgericht Celle hält es für verfassungswidrig, dass in Deutschland bei lesbischen Elternpaaren nicht automatisch beide Mütter in die Geburtsurkunde ihres Kindes eingetragen werden können. Der Familiensenat habe deshalb das Verfahren im Fall von Gesa Teichert-Akkermann und Verena Akkermann ausgesetzt und an das Bundesverfassungsgericht weitergeleitet, sagte ein Sprecher am 24. März dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Das Ehepaar Akkermann äußerte sich glücklich. „Ich bin Paulas Mama, seit sie auf der Welt ist.“ Nun habe endlich auch ein Gericht bestätigt, dass es ihre Grundrechte verletze, wenn „ich nicht in ihrer Geburtsurkunde stehe“, sagte Verena Akkermann. Ihre Ehefrau ergänzte: „Die Richter sagen mit dem Urteil: Ja, wir finden auch, Paula hat zwei Mamas. Das ist wirklich mutig und großartig.“

Streit mit Standesamt und Familiengericht

Gesa Teichert-Akkermann hatte Paula vor gut einem Jahr in der Medizinischen Hochschule Hannover zur Welt gebracht. Das Standesamt und das Familiengericht Hannover hatten es bisher abgelehnt, auch Verena Akkermann als Mutter in die Geburtsurkunde einzutragen. Bei lesbischen Elternpaaren muss bislang die zweite Mutter vor einem Familiengericht beantragen, das Kind als Stiefkind zu adoptieren.

Bei einem erneuten juristischen Scheitern wären die Akkermanns selbst vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. „Jetzt gehen wir gemeinsam mit dem Oberlandesgericht nach Karlsruhe. Das ist ein wichtiger Zwischensieg“, sagte Teichert-Akkermann. Zwar hätten sie sich als Familie schneller eine rechtliche Absicherung gewünscht. Aber jetzt hoffen sie auf ein Grundsatzurteil, „das nicht nur uns drei, sondern alle betroffenen Familien endlich rechtlich absichert“. Das Gericht habe mit seinem Beschluss auch der Politik ein schlechtes Zeugnis ausgestellt, weil sie nach der Öffnung der „Ehe für alle“ nicht auch das Abstammungsrecht entsprechend angepasst habe.

Aus Sicht des Senats fehlt im derzeitigen Bürgerlichen Gesetzbuch in den Paragrafen 1591 (Mutterschaft) und 1592 (Vaterschaft) eine Regelung für gleichgeschlechtliche Paare. Deshalb könnten die Richter das Gesetz nicht so auslegen, dass sie die „Co-Mutter“ als Mutter feststellen könnten, erläuterte der Sprecher. Der Gesetzgeber hätte mit der Einführung der „Ehe für alle“ auch die abstammungsrechtlichen Fragen neu regeln können. Das habe die Politik aber nicht getan. Deshalb dürfe das Gericht diese gesetzgeberische Entscheidung jetzt nicht durch „eigene Gerechtigkeitsvorstellungen“ ersetzen.

Artikel 6 des Grundgesetzes ist verletzt

Weil der Senat das Gesetz für verfassungswidrig halte, könne er den Antrag der Familie Akkermann nach den Worten des Sprechers aber auch nicht ablehnen. Die Richter sehen durch die fehlende Regelung das im Grundgesetz Artikel 6 verankerte Elternrecht von Verena Akkermann verletzt. Die daraus sich ergebenden Rechte und Pflichten gälten nicht nur für die leibliche Mutter, sondern auch für deren Partnerin. „Wie für leibliche Eltern gilt auch für Wunscheltern, dass gerade ihnen das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt als irgendeiner anderen Person“, heißt es in dem Gerichtsbeschluss. Der Bundesgerichtshof hatte im Oktober 2018 eine ähnliche Klage eines lesbischen Paares abgewiesen.

Az.: 21 UF 146/20