» Studie: Kinder aus armen Familien bekommen seltener einen Kita-Platz
» Paritätischer: Armut größer als angenommen
» Bericht: Inflation zehrt Mindestlöhne in vielen EU-Ländern auf
» Studie: Trend zum Homeoffice schwächt sich ab
» EU droht mit Visaentzug zur Eindämmung von Migration
» Experte: Hilfe zum Berufseinstieg muss vor der 7. Klasse erfolgen

Bildung

Studie: Kinder aus armen Familien bekommen seltener einen Kita-Platz




Kita-Gruppe
epd-bild/Ralf Moray
Eine Studie zeigt die Kluft in der frühkindlichen Bildung: Kinder aus gutverdienenden Familien bekommen doppelt so häufig einen Kitaplatz als Kinder aus armen Familien.

Wiesbaden (epd). Sozial benachteiligte Kinder haben einer Studie zufolge deutlich geringere Chancen auf einen Betreuungsplatz in einer Kita als Kinder aus besser gestellten Familien. Daran habe sich auch zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz nach dem vollendeten ersten Lebensjahr wenig geändert, heißt es in einer am Freitag in Wiesbaden vorgelegten Untersuchung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Darin wurden die Daten zur Kita-Nutzung von rund 96.000 Jungen und Mädchen analysiert. Betroffen sind demnach Kinder aus bildungsferneren Familien, aus armutsgefährdeten Verhältnissen und aus Haushalten, in denen kein Deutsch gesprochen wird. Das Institut empfiehlt, für diese Kinder Zugangsbarrieren zur frühkindlichen Bildung weiter abzubauen.

Im Jahr 2020 hatte nach den Angaben nur etwa jedes vierte armutsgefährdete Kind unter drei Jahren (23 Prozent) einen Platz in einer Kita, während es bei Familien aus nicht-prekären Verhältnissen doppelt so viele waren (46 Prozent). Der Betreuungswunsch von ärmeren Familien wird in rund 17 Prozent der Fälle nicht erfüllt, bei reicheren Familien erfüllen Kitas nur etwa jeden zehnten Betreuungswunsch nicht.

Ein ähnliches Muster zeigt sich bei Familien mit Migrationshintergrund. Unter allen Kindern, die zu Hause hauptsächlich Deutsch reden, besuchen 38 Prozent eine Kita. Unter Jungen und Mädchen, in deren Familien kein Deutsch gesprochen wird, sind es hingegen nur 24 Prozent. „Familien, die zu Hause kein Deutsch sprechen, äußern genauso häufig einen Wunsch nach einem Kita-Platz wie andere Familien. Trotzdem gehen diese Kinder viel seltener vor dem dritten Lebensjahr in eine Kita“, sagte Sophia Schmitz, CO-Autorin der Studie.

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung fordert, Familien über die Vorteile eines frühen Kita-Besuchs niedrigschwellig zu informieren und Eltern bei der Suche nach Betreuungsplätzen zu unterstützen. Auch ein weiterer Kita-Ausbau sei nötig.


 
 

Studie

Paritätischer: Armut größer als angenommen



Berlin (epd). In Deutschland sind laut Paritätischem Wohlfahrtsverband mehr Menschen arm als angenommen. Von Armut betroffen waren demnach nicht 13,8 Millionen Menschen, sondern 14,1 Millionen Menschen, wie der Paritätische am Freitag in Berlin mitteilte. Die Armutsquote in Deutschland habe im Jahr 2021 nicht 16,6 Prozent, sondern 16,9 Prozent betragen. Der Verband korrigierte damit seinen im Juni veröffentlichten Armutsbericht. Als armutsgefährdet gilt eine Person, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung auskommen muss.

Unter Rückgriff auf Daten des Statistischen Bundesamtes legte der Verband am Freitag eine aktualisierte Neuauflage seines Armutsberichts 2022 vor. Notwendig geworden war die Überarbeitung, da das Bundesamt nach bereits im letzten Jahr veröffentlichten Erstergebnissen zu den Armutsquoten jetzt Endergebnisse für das Berichtsjahr 2021 „mit zum Teil gravierenden Abweichungen vorlegte“, wie der Verband erklärte. So betrug laut Bundesbehörde die Kinderarmut nicht, wie zuerst berechnet, 20,8 Prozent, sondern 21,3 Prozent. Die Armutsquote von Alleinerziehenden stieg auf 42,3 statt 41,6 Prozent.

Der Verband forderte die Ampel-Koalition zu wirkungsvollen Maßnahmen gegen die steigende Armut in Deutschland auf. Dabei seien von zentraler Bedeutung eine Anhebung der Regelsätze beim Bürgergeld und der Altersgrundsicherung von jetzt 502 auf 725 Euro, eine existenzsichernde Anhebung des BAföG und eine zügige Einführung der Kindergrundsicherung.


 
 

Arbeit

Bericht: Inflation zehrt Mindestlöhne in vielen EU-Ländern auf



Düsseldorf (epd). Trotz Mindestlöhnen reichen die Einkommen vieler Beschäftigter in der EU nicht aus, um die hohe Inflation auszugleichen. Lediglich in etwa der Hälfte der 22 EU-Länder mit gesetzlichen Mindestlöhnen sei die Anhebung der Lohnuntergrenze im vergangenen Jahr stark genug gewesen, um den Preisanstieg aufzufangen, stellt der am Freitag in Düsseldorf vorgelegte internationale Mindestlohnbericht des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung fest.

Die Kaufkraftsicherung in Deutschland gelang dabei den Angaben zufolge besser als in vielen anderen EU-Ländern, da der Stundenlohn von Mindestlohnbeziehern zum 1. Oktober 2022 von 10,50 Euro auf 12 Euro stieg. Das sei ein spürbarer Beitrag gewesen, um in der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Krise Nachfrage und Wirtschaftsentwicklung zu stützen, hieß es. In zehn anderen EU-Ländern mussten Beschäftigte, die einen Mindestlohn erhielten, hingegen zum Teil deutliche reale Kaufkraftverluste hinnehmen.

18 EU-Staaten haben ihre Mindestlöhne zum Jahreswechsel 2023 erhöht, mehrere zudem auch während des Jahres 2022. Der mittlere Zuwachs in der Europäischen Union betrug gegenüber dem 1. Januar 2022 nominal 12 Prozent. Durch den sprunghaften Anstieg der Verbraucherpreise lag die inflationsbereinigte Steigerung im EU-Mittel aber nur bei 0,6 Prozent.

Mit Blick auf die aktuell noch günstige Situation in Deutschland sprachen die Studienautoren Malte Lübker und Thorsten Schulten von einer Momentaufnahme. Da die nächste Mindestlohnanpassung in Deutschland erst zum Januar 2024 vorgesehen sei, werde ein Teil des Zuwachses durch die weiterhin hohe Inflation in diesem Jahr aufgezehrt - anders als etwa in Frankreich, den Niederlanden oder Belgien, wo die Mindestlöhne während des laufenden Jahres erhöht werden.

Mit einem Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde steht Deutschland zum Jahresbeginn 2023 unter den EU-Ländern an Position zwei, wie es hieß. Ein höherer Mindestlohn gelte derzeit nur in Luxemburg (13,80 Euro). Mit geringem Abstand auf Deutschland folgten Belgien (11,85 Euro) und die Niederlande (11,75 Euro). In Irland müssten mindestens 11,30 Euro pro Stunde gezahlt werden, in Frankreich 11,27 Euro.


 
 

Arbeit

Studie: Trend zum Homeoffice schwächt sich ab



Berlin (epd). Mit dem Ende der Corona-Pandemie arbeiten die Menschen einer Studie zufolge seltener im Homeoffice. Während der Pandemie verbrachten Beschäftigte in Deutschland bis zu 35 Prozent ihrer Arbeitszeit im Homeoffice, im Herbst 2022 ging dieser Anteil auf etwa 28 Prozent zurück, wie die Barmer Krankenkasse am Freitag in Berlin mitteilte. Zugleich gewännen hybride Arbeitsmeetings an Bedeutung, bei denen einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Büro sind und andere per Videokonferenz zugeschaltet werden.

Diese Praxis trifft aktuell auf knapp 40 Prozent der Beschäftigten zu, wie aus der gemeinsamen Studie der Barmer Krankenkasse und der Universität St. Gallen hervorgeht. Für die Studie wurden den Angaben zufolge im Herbst 2022 mehr als 12.000 Beschäftigte aus 22 Branchen in ganz Deutschland befragt.

Den Ergebnissen der Studie zufolge gelingt es mobil tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern besser, im Homeoffice Job und Privatleben zu trennen. Das wirke sich direkt auf ihre Gesundheit aus, weil dadurch Stress im Homeoffice besser vermieden werden könne. „Vor allem die Abgrenzung des Arbeitsortes vom privaten Umfeld ist im Homeoffice wichtig, um die Gesundheit der mobil Arbeitenden zu schützen“, sagte Studienautor Stefan Böhm von der Uni St. Gallen. Diese Abgrenzung gelinge Männern besser als Frauen. Aktuell berichteten 62 Prozent der Männer, den Arbeitsort gut vom Privatleben abgrenzen zu können, jedoch nur 55 Prozent der Frauen.


 
 

Flüchtlinge

EU droht mit Visaentzug zur Eindämmung von Migration



Brüssel (epd). EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hat sich nach einem Treffen der EU-Innenminister für eine Einigung in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik bis zur nächsten Europawahl Anfang 2024 ausgesprochen. Alle Mitgliedsstaaten hätten den politischen Willen gezeigt, den Migrationspakt anzunehmen, sagte sie am Donnerstagabend in Brüssel. Bei dem Treffen wurden Vorschläge zur Eindämmung der irregulären Migration diskutiert.

Im vergangenen Jahr wurden in der EU sowie in der Schweiz und in Norwegen fast eine Million Asylanträge gestellt - so viele wie seit 2016 nicht mehr. Seither streiten die Mitgliedsstaaten vermehrt über Migrationspolitik und ihre Reform. Um den jahrelangen Streit unter den Mitgliedsstaaten zu beenden, hatte die EU-Kommission bereits im September 2020 eine große Reform vorgeschlagen, den sogenannten Migrationspakt. Dieser wird jedoch von einigen Mitgliedstaaten blockiert.

Ein Mittel, um unerwünschte Einwanderung zu verhindern, sei die Visapolitik der EU zu ändern, sagte Johansson. 200.000 Menschen seien im vergangenen Jahr mit einem Visum eingereist und hätten dann Asyl beantragt. „Das ist ein Missbrauch des Systems“, sagte sie. Sie sei daher froh, dass die schwedische Ratspräsidentschaft die Visapolitik auf die Tagesordnung gesetzt habe. Die EU könnte demnach Drittstaaten die Visafreiheit entziehen, um Migration von dort einzuschränken. Das droht etwa Serbien.


 
 

Bildung

Experte: Hilfe zum Berufseinstieg muss vor der 7. Klasse erfolgen



Ebersbach (epd). Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) hat die Finanzierung der Berufseinstiegsbegleitung kritisiert. Viele Hilfen kämen nicht zustande, weil der Bund eine 50-prozentige Kofinanzierung einfordere, teilte das CJD am Donnerstag in Ebersbach an der Fils mit. Voraussetzung für einen erfolgreichen Berufsstart sei jedoch, dass ein flächendeckender Ausbau und die interdisziplinäre Aufstellung der Schulsozialarbeit schon vor der 7. Klasse zur Verfügung stehen. Das sei die Erfahrung aus entsprechenden Bildungsangeboten des CJD.

Oliver Stier, Vorstandssprecher des CJD, verwies auf die aktuelle bildungsstatistischen Analyse der Bertelsmann Stiftung, wonach jedes Jahr rund 47.500 junge Menschen die Schule verlassen, ohne wenigstens einen Hauptschulabschluss zu haben. Die Folgen für die jungen Menschen und die Gesellschaft seien fatal. Ohne Schulabschluss steige das Risiko lebenslanger Abhängigkeit von sozialen Hilfen deutlich.

Um Hilfe zu leisten, sei vor allem die Zusammenarbeit zwischen Schule, Agentur für Arbeit und spezialisierten Bildungsträgern wie dem CJD wichtig. „So können Problemlagen frühzeitig erkannt und individuelle Lösungen angeboten werden. Eine frühe Prävention verhindert eine langfristige und kostenintensive Nachsorge über viele Jahre“, sagte Stier.