Neuer Vorsitzender Gniffke: ARD muss besser werden

Stuttgart (epd). Der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Kai Gniffke, hat zu Jahresbeginn sein Amt als ARD-Vorsitzender angetreten. Als Kernaufgabe für die Zukunft habe die ARD klar die veränderte Mediennutzung im Blick, erklärte Gniffke am Montag in Stuttgart. Die ARD müsse schneller und besser werden und sich auf den technologischen Wandel einstellen: „Wir dürfen die Zukunft nicht ausländischen Tech-Konzernen überlassen.“

„Mittlerweile kann fast jede und jeder Fotos, Videos und Audios verbreiten. Umso wichtiger sind Recherche, Relevanz und Qualität“, sagte Gniffke. Guter Journalismus sei eine der Grundfesten der Gesellschaft. Der 62-Jährige ist seit 2019 Intendant des SWR, zuvor war er als Chefredakteur von ARD-aktuell in Hamburg unter anderem für „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ verantwortlich.

Gniffke löste WDR-Intendant Tom Buhrow als ARD-Vorsitzenden ab. Buhrow hatte das Amt seit dem Rücktritt der fristlos entlassenen Intendantin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB), Patricia Schlesinger, Anfang August übergangsweise inne. Seit Jahresbeginn 2023 ist Buhrow stellvertretender ARD-Vorsitzender.

Die ARD-Hauptversammlung wählt den Vorsitz für jeweils ein Jahr, eine Verlängerung um ein weiteres Jahr ist üblich. Der ARD-Vorsitz führt die Geschäfte der Arbeitsgemeinschaft und zeichnet in dieser Zeit rechtsverbindlich für die Gemeinschaft. Zur ARD gehören die neun Landesrundfunkanstalten, außerdem der Auslandssender Deutsche Welle. Auch die Gremienvorsitzendenkonferenz der ARD (GVK), in der Vertreterinnen und Vertreter der Gesellschaft aus allen Regionen Deutschlands mitwirken, wird ab 2023 vom SWR geleitet.

oss

"Tagesschau" meistgesehene Nachrichtensendung

Hamburg (epd). Die 20-Uhr-Ausgabe der „Tagesschau“ war 2022 erneut Deutschlands meistgesehene Nachrichtensendung im Fernsehen. Wie der Norddeutsche Rundfunk (NDR) am Montag in Hamburg mitteilte, schalteten im Schnitt 10,1 Millionen Menschen ab drei Jahren die Sendung im Ersten, in den Dritten oder weiteren Programmen ein, sie erzielte damit einen Marktanteil von 39,1 Prozent. Den zweiten Platz belegte die 19-Uhr-Ausgabe der ZDF-Nachrichtensendung „Heute“ mit 3,9 Millionen Zuschauenden (19 Prozent Marktanteil).

Bei den Zuschauenden ab drei Jahren folgte laut NDR auf dem dritten Platz „RTL aktuell“ mit 3,0 Millionen (Marktanteil 15,2 Prozent). Die weiteren Plätze belegten die „Sat1 Nachrichten“ mit 0,9 Millionen (3,6 Prozent) sowie die „ProSieben Newstime“ mit 0,5 Millionen Zuschauenden (3,1 Prozent). Auch bei den 14- bis 49-Jährigen lag die 20-Uhr-„Tagesschau“ vorn: Im Schnitt schalteten 1,7 Millionen Menschen ein (Marktanteil 30,1 Prozent).

Die Online-Angebote „tagesschau.de“ und „Tagesschau“-App wurden im vergangenen Jahr laut NDR täglich im Schnitt 6,3 Millionen Mal besucht. Während die Zahl der Besuche stabil geblieben sei, sei die Zahl der Follower auf den Social-Media-Kanälen erneut gestiegen.

lnh

"Spiegel": Fehler bei Berichten über Tod eines Flüchtlingskinds

Hamburg (epd). Nach einer Überprüfung der Berichterstattung zum Schicksal eines Flüchtlingskinds am griechisch-türkischen Grenzfluss Evros hat der „Spiegel“ Fehler eingeräumt. Die entsprechenden Beiträge würden nicht wieder veröffentlicht, auch nicht in überarbeiteter Form, heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Bericht zur Untersuchung des Nachrichtenmagazins: „Zu vieles darin müsste korrigiert werden.“

Der „Spiegel“ hatte im Sommer in mehreren Beiträgen über eine Gruppe gestrandeter Flüchtlinge berichtet, denen die griechische Regierung entgegen ihrer Pflicht nicht geholfen habe. Infolge der unterlassenen Hilfeleistung sei ein fünfjähriges syrisches Mädchen an einem Skorpionstich gestorben. Über das Schicksal der Flüchtlinge hatten auch mehrere internationale Medien berichtet. Wegen Zweifeln am Wahrheitsgehalt der Geschichte entfernte der „Spiegel“ die Beiträge am 8. November zunächst vorläufig von der Website und kündigte eine Überprüfung an. Die Flüchtlinge hielten nach Angaben des Nachrichtenmagazins an ihrer Darstellung fest, ein Mädchen sei gestorben.

In dem nun veröffentlichen Bericht dokumentiert der „Spiegel“ die Ergebnisse der Überprüfung. „Angesichts der Quellenlage hätte der 'Spiegel' die Berichte über den Aufenthaltsort der Geflüchteten und vor allem den Tod des Mädchens deutlich vorsichtiger formulieren müssen“, schlussfolgert das Magazin. „Auch wenn ein letztgültiger Beleg fehlt, deutet doch manches daraufhin, dass einige der Geflüchteten den Todesfall in ihrer Verzweiflung erfunden haben könnten. Möglicherweise dachten sie, dass sie dann endlich gerettet würden.“

Die Überprüfung der Berichterstattung war nach externen Hinweisen von der Ombudsstelle angestoßen worden, die Anfang 2020 als Reaktion auf den Skandal um gefälschte Artikel des früheren „Spiegel“-Reporters Claas Relotius eingesetzt wurde. Hinweise auf den Fall gab es laut „Spiegel“ unter anderem durch öffentlich geführte Debatten zu den Vorgängen in den sozialen Medien und durch einen Brief des griechischen Migrationsministers an das Nachrichtenmagazin.

oss

Regisseurin Garde lehnt "Frauenfilme" ab

Frankfurt a.M.(epd). Die Regisseurin und Drehbuchautorin Claudia Garde lehnt die Bezeichnung „Frauenfilme“ ab. „Was mich bis heute aufregt, ist der Begriff 'Frauenfilme'“, sagte die 56-Jährige dem Evangelischen Pressedienst (epd). Damit solle eine sensible, weibliche Regie-Handschrift bezeichnet werden. „Dieses vermeintliche 'Prädikat' wurde vergeben, wenn Filme von Frauen gemacht wurden“, fügte die Regisseurin zahlreicher „Tatort“-Filme hinzu. „Zeichnete ein Mann für die Regie eines feinsinnigen Films mit Frauen verantwortlich, waren das gefühlvolle Dramen.“

Garde sagte, dass es zu Anfang ihrer Karriere vor fast 30 Jahren nicht einfach gewesen sei, als Regisseurin an gute Stoffe heranzukommen. Sie habe aber das Glück gehabt, dass sie schon als Film-Studentin gefragt worden sei, ob sie einen „Tatort“ drehen wolle. Damals sei es für Frauen in der Branche schwer gewesen, „sich zu platzieren“, auch ihre Gagen seien geringer gewesen. Bis heute müssten sich Frauen anstrengen, um gleich behandelt zu werden.

Ab dem 11. Januar ist Gardes erste Serie in der ARD-Mediathek abrufbar, ab dem 17. Januar ist sie im Ersten zu sehen. „Bonn - Alte Freunde, neue Feinde“ thematisiert die Anfangsjahre der Bundesrepublik mit Bonn als Hauptstadt. „Uns hat interessiert, wie die Strukturen, in denen wir uns heute bewegen, entstanden sind“, erläuterte die Regisseurin, die bei der Serie auch als Headautorin wirkte.

Eine zentrale Rolle in der Serie spiele der erste Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Otto John - eine historische Figur, an der man viel über die Geschichte der Bundesrepublik erzählen könne, sagte Garde. Er sei einer der wenigen Funktionäre mit einer nazifreien Vergangenheit gewesen. Seine Aufgabe habe er darin gesehen, Altnazis in seiner Umgebung zu entlarven.

Als Widersacher trete in der Serie der Chef des Auslandsgeheimdienstes, Reinhard Gehlen, auf, erklärte die Regisseurin. Gehlen, der in den 50er Jahren die sogenannte Organisation Gehlen aufbaute, aus der später der Bundesnachrichtendienst BND wurde, sei bereits unter Adolf Hitler Geheimdienstchef gewesen. Er habe viele Mitarbeiter „mit brauner Weste“, also mit Nazi-Vergangenheit gehabt. Im Laufe der Recherchen sei ihr das unglaubliche Spannungsfeld zwischen den beiden Männern und in der ganzen Bundesrepublik immer deutlicher geworden, sagte Garde.

Gemeinsam mit ihren Co-Autoren Martin Rehbock und Peter Furrer habe sie beim Schreiben viel über die Strukturen in dieser Zeit erfahren. „Ich habe gelernt, in welchem Maß die politischen Ämter der damaligen Bundesrepublik mit Nazis durchsetzt waren“, sagte Garde, die an der Filmakademie Baden-Württemberg studiert hat. Der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer habe viele Leute um sich gehabt, die nicht nur ein NSDAP-Parteibuch gehabt hätten, sondern aktiv an der Vernichtung der Juden beteiligt gewesen seien.

dir

Medienrechtler Johannes Kreile gestorben

Der Medienjurist Johannes Kreile ist tot. Der Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft der Film- und Fernsehproduzenten (VFF) starb am 22. Dezember nach kurzer schwerer Krankheit im Alter von 64 Jahren, wie die VFF am Freitag mitteilte. Kreile war seit 1986 Geschäftsführer der VFF, daneben bekleidete der Rechtsanwalt zahlreiche weitere Ämter in der Branche. So war er unter anderem Mitgründer der Produzentenallianz sowie mehr als 25 Jahre lang Mitglied des Verwaltungsrats der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM).

„Die VFF verliert mit Johannes Kreile ihren langjährigen, kompetenten und umsichtigen Geschäftsführer, der die VFF mit besonderem Geschick, Weitsicht und Kenntnisreichtum auch in schwierigen Zeiten erfolgreich geführt hat“, teilte die VFF mit. Sein Name werde für immer untrennbar mit dem Erfolg der VFF verbunden bleiben. Die Produzentenallianz erklärte, mit seiner Kompetenz, seiner Verbindlichkeit und seinem Sinn für das Zielführende habe Kreile die Produzentenallianz zu einem nicht mehr wegzudenkenden anerkannten Gesprächspartner in der Film- und Medienbranche gemacht.

Kreile war Mitherausgeber des Heidelberger Kommentars zum Medienstaatsvertrag, des Handbuchs Medienrecht sowie der Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht.

oss

"Freiheit" ist Floskel des Jahres

Berlin (epd). Die sprach- und medienkritische Initiative „Floskelwolke“ hat den Begriff „Freiheit“ zur Floskel des Jahres 2022 gekürt. In den medialen Debatten werde der Freiheitsbegriff von Egomaninnen und Egomanen entwürdigt, die rücksichtslos demokratische Gesellschaftsstrukturen unterwanderten, erklärten die „Floskelwolke“-Macher Sebastian Pertsch und Udo Stiehl am Sonntag in Berlin zur Begründung. „Im Namen der Freiheit verkehren sie selbstgerecht und unsolidarisch die essenziellen Werte eines Sozialstaates ins Gegenteil - alles für den eigenen Vorteil.“

Basis für die Vergabe des Negativpreises waren Vorschläge der Leserinnen und Leser des Webprojekts „Floskelwolke“. Mehr als 70 Begriffe und Formulierungen wurden den Angaben zufolge eingereicht.

Auf Platz zwei landete der Begriff „Sozialtourismus“. Er suggeriere, dass Einwanderinnen und Einwanderer vor allem wegen Sozialleistungen nach Deutschland kämen, hieß es. Auf den nächsten Rängen folgen das Adjektiv „technologieoffen“, mit dem altbackene Techniken verteidigt würden, und die Alliteration „Klimakleber“, die Menschen ungeachtet ihrer Ziele auf ihre Protestform reduziere.

Der Begriff „Doppelwumms“, mit dem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das 200-Milliarden-Euro-Entlastungspaket zur Bewältigung der Energiekrise bewarb, kam auf Platz fünf. Die Subventionen für Energiekonzerne und Verbraucher kosteten so viel, dass sie nur noch lautmalerisch vermittelbar seien, erklärten die Journalisten Stiehl und Pertsch: „Wir erwarten weitere 'Piff-, Paff- und Puff'-Gesetze!“

Die „Floskel des Jahres“ wurde zum dritten Mal verliehen. 2021 erhielt „Eigenverantwortung“ den Negativpreis, im Jahr 2020 schaffte es „Einzelfälle“.

Die „Floskelwolke“ wurde im August 2014 gestartet. Ziel ist es, dem professionellen Nachrichtengeschäft den Spiegel vorzuhalten. Kritisiert werden Floskeln, Phrasen und fragwürdige Formulierungen in deutschsprachigen Nachrichtentexten.

fu