EU-Kommission und Bundesländer streiten über Medienfreiheitsgesetz
Mainz/München (epd). Das geplante Medienfreiheitsgesetz der EU stößt in der deutschen Medienpolitik auf Kritik. Die Koordinatorin der Rundfunkkommission der Bundesländer, Heike Raab (SPD), erklärte am Donnerstag in Mainz, der vorliegende Entwurf sei ein „kompetenzüberschreitender Eingriff“ in die Kultur- und Medienhoheit der EU-Staaten. Anna Herold, Leiterin der Abteilung Medienpolitik bei der EU-Kommission, äußerte bei den Medientagen München den Eindruck, viele Kritikpunkte basierten auf Missverständnissen. Nationale Aufsichtsstellen würden mit dem Gesetz nicht geschwächt, sondern gestärkt.
Mit dem European Media Freedom Act (EMFA) will die EU-Kommission Redaktionen besser gegen politische Einflussnahme schützen und Medienpluralismus in der EU sichern. Der im September vorgelegte Vorschlag verbietet es beispielsweise Behörden, in redaktionelle Entscheidungen einzugreifen. Hintergrund sind Einschränkungen der Pressefreiheit, wie sie vor allem die Regierungen in Ungarn und Polen in den vergangenen Jahren durchgesetzt hatten.
Bei deutschen Verlagen und Sendern sorgte vor allem für Kritik, dass als „Wächter“ eine EU-Aufsichtsbehörde eingerichtet werden soll, die sich aus Vertretern der nationalen Medienbehörden zusammensetzt. Dazu sagte Kommissionsvertreterin Herold, bei dem geplanten „Board for Media Services“ handle es sich um eine Weiterentwicklung der seit 2014 bestehenden „European Regulators Group for Audiovisual Media Services“ (Erga), die aus Vertretern der nationalen Behörden besteht und die EU-Kommission berät.
„Wir hatten nie vor, eine zentrale Medienregulierungs-Agentur in Europa zu schaffen“, betonte Herold. Die Unabhängigkeit des geplanten Boards werde „explizit verankert“, die EU-Kommission werde sich nur in wenigen Ausnahmefällen einschalten. Klar sei auch, dass Eigentümer von Medien weiter das Grundrecht der Pressefreiheit in Anspruch nehmen und die redaktionelle Linie ihrer Publikationen festlegen könnten.
Die rheinland-pfälzische Medienstaatssekretärin Raab sagte in einer Zuschaltung zur Diskussionsrunde in München, die Idee des neuen Boards klinge zwar gut, werfe aber in der Praxis einige Fragen auf, etwa wie dort die Entscheidungsprozesse ablaufen. Problematisch sei außerdem, dass die Kommission den EMFA als Verordnung plane, die in allen EU-Ländern unmittelbar gelten würde. Besser geeignet sei eine Richtlinie, mit der die Staaten einen Spielraum bei der Anpassung hätten, so Raab.
Nach Ansicht des Direktors der Landesanstalt für Medien NRW, Tobias Schmid, bewegt sich die Kommission mit dem EMFA-Entwurf „am Rande der Zuständigkeitsfrage“. Die Grundidee sei allerdings anerkennenswert, weshalb das Projekt eine Chance verdiene. Es komme nun darauf an, im weiteren Gesetzgebungsprozess an den richtigen Stellen Anpassungen vorzunehmen, sagte Schmid, der 2020 und 2021 Erga-Vorsitzender war, bei den Medientagen.
Der Entwurf der Kommission für den EMFA liegt nun beim EU-Parlament und beim EU-Rat, der aus Vertretern der Mitgliedstaaten besteht. Beide Organe können Änderungen vorschlagen und müssen sich am Ende auf einen gemeinsamen Text einigen.
amk/rid