Landgericht Hamburg untersagt Verdachtsäußerungen gegen NDR

Hamburg (epd). Das Landgericht Hamburg hat Verdachtsäußerungen mehrerer Medien in Bezug auf den NDR in Kiel und Hamburg als unzulässig beanstandet. Ein Gerichtssprecher sagte dem epd am Donnerstag, dem „Stern“ seien per einstweiliger Verfügung Äußerungen untersagt worden, die zwar überwiegend Meinungsäußerungen seien, für die es jedoch an „hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungstatsachen“ fehle. Laut Mitteilung des NDR vom Mittwoch darf der „Stern“ unter anderem die Behauptung „Journalisten bekamen einen Maulkorb“ mit Blick auf das NDR-Landesfunkhaus Schleswig-Holstein nicht wiederholen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. (AZ: 324 O 403/22)

Die Berichterstattung des „Sterns“ zu einem angeblich zurückgehaltenen Film aus dem Kieler Landesfunkhaus über Verschickungskinder habe sich in wesentlichen Punkten als falsch herausgestellt, erklärte der NDR. Auch die Behauptung, „die Senderspitze würde am liebsten überhaupt nicht über das Thema berichten“, sei wahrheitswidrig. Ebenso sei die Behauptung unzulässig, „dass drei kritische Kollegen von dem Thema 'abgezogen' wurden“.

Weitere einstweilige Verfügungen wurden nach Angaben des Hamburger Landgerichts gegen „Bild“, das Springer-Portal „Business Insider“ und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ ausgesprochen (AZ: 324 O 381, 386 und 387/22). Diese beziehen sich auf Berichte über die bisherige Chefin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg, Sabine Rossbach, und eine Stellenbesetzung zugunsten ihrer Tochter. „Bei dem hier jeweils erhobenen Vorwurf der Einflussnahme handelt es sich nach der Entscheidung der Kammer um eine Verdachtsberichterstattung, die unzulässig ist, weil es an einem Mindestbestand an Beweistatsachen für den erhobenen Vorwurf fehlt“, sagte der Gerichtssprecher.

Der NDR erklärte, die Vorwürfe der „Vetternwirtschaft“ gegenüber Rossbach seien laut Gerichtsentscheidung falsch. „Wahrheitswidrig“ sei demnach die Behauptung in „Business Insider“ und in der „Bild“-Zeitung, Rossbach habe ihre Tochter bei einer Stellenbesetzung bei NDR Kultur versucht „unterzubringen“ und dabei eine qualifiziertere Bewerberin benachteiligt. Unzulässig sei außerdem der Vorwurf, sie habe im Gegenzug eine Produktion der Tochter der Chefin von NDR Kultur eingekauft. Die entsprechenden Passagen müssten aus allen Veröffentlichungen entfernt werden, betonte der Sender.

Über diese noch nicht rechtskräftigen Entscheidungen des Gerichts hinaus sind laut NDR weitere Verfahren gegen andere Medienhäuser anhängig.

lnh/rid

"Keine Interessenkollision": NDR weist Vorwürfe gegen Lütke zurück

Hannover (epd). Der NDR weist Vorwürfe mutmaßlicher Vetternwirtschaft gegen die Chefin des NDR-Funkhauses in Hannover, Andrea Lütke, zurück. Lütke, die auch stellvertretende Intendantin des NDR ist, habe weder als Fernsehchefin noch als Direktorin des Landesfunkhauses eine Produktionsfirma begünstigt, schrieb der NDR in einer am Mittwochabend auf seiner Webseite veröffentlichten Stellungnahme.

Die Cineteam Film- und Fernsehproduktion gehörte ursprünglich Lütkes Ehemann. Dieser hatte laut NDR das Unternehmen 2009 verkauft. Die Axel-Springer-Publikation „Business Insider“ hielt Lütke indessen vor, es gebe „wirtschaftliche Verbindungen“ zwischen ihrer Familie und der Produktionsgesellschaft Cineteam Hannover, der Nachfolgerin der Cineteam Film- und Fernsehproduktion. So soll die Firma Produktionen für das Landesfunkhaus Hannover angefertigt und Förderungen der Film- und Fördergesellschaft Nordmedia erhalten haben, deren Vergabeausschuss Andrea Lütke zeitweise angehörte.

Dies bezeichnete der NDR als falsch. Die genannten Produktionen seien von Redaktionen in Hamburg beauftragt worden. „Aus Sicht des NDR gibt es daher keine Interessenskollision“, heißt es in der Erklärung. Die behauptete Vergabe von Fördergeldern für die Produktion „Kliemannsland“ könne zudem nicht mit Lütkes Zustimmung erfolgt sein, da sie zum Bewilligungszeitpunkt 2016 nicht mehr Mitglied im Vergabeausschuss war.

Zum Vorwurf, Cineteam zahle für die Geschäftsräume auf dem Grundstück der Familie Lütke jährlich einen fünfstelligen Betrag, erklärte der NDR, dass Andrea Lütke nicht Eigentümerin des Grundstücks und daher nicht Vermieterin der Geschäftsräume der Cineteam Hannover sei. Alleiniger Eigentümer sei ihr Ehemann, der die Räume zu einer ortsüblichen Miete vermiete.

Der NDR will gegen die „unwahren Behauptungen“ vorgehen. Bereits am Mittwoch hatte er nach eigenen Angaben Einstweilige Verfügungen vor dem Landgericht Hamburg gegen „Business Insider“, die „Bild“-Zeitung und den „Stern“ erwirkt. Dabei ging es unter anderem um Vorwürfe gegen Verantwortliche im Funkhaus Kiel, sie hätten auf Recherchen und Inhalte von Dokumentationen Einfluss genommen.

Eine interne Prüfung ergab, dass es keine Einflussnahme, allerdings Probleme in der Zusammenarbeit gegeben habe. In der Folge waren Chefredakteur Norbert Lorentzen und Politikchefin Julia Stein von ihren Aufgaben entbunden worden.

cd

Organisationen fordern mehr Informationsfreiheit in Deutschland

Berlin (epd). Demokratie-Initiativen beklagen mangelnde Informationsfreiheit im Bund und fordern eine gesetzliche Neuregelung. Transparency International Deutschland, das journalistische Netzwerk Recherche und andere Organisationen übergaben dem Bundesinnenministerium in Berlin am Donnerstag den Entwurf für ein Transparenzgesetz, mit dem Informationen aus Behörden und Verwaltungen für Bürger deutlich einfacher zugänglich werden sollen.

Die Bundesvorständin des Vereins „Mehr Demokratie“, Marie Jünemann, betonte, es gehe hierbei um das wichtigste Kapital in Demokratie: um Vertrauen.

Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP haben im Koalitionsvertrag angekündigt, Informationsfreiheitsgesetze zu einem Bundestransparenzgesetz weiterzuentwickeln. An der Informationspraxis habe sich im Bund aber zunächst nichts geändert, sagte der Vorsitzende des Netzwerks Recherche, Daniel Drepper. In der Corona-Krise habe es geheißen: „Im Gesundheitsministerium muss mit Mann und Maus gegen Corona gekämpft werden, wir können keine Akten herausgeben.“ In der aktuellen Energiekrise berufe sich nun das nächste Ministerium auf geltende Ausnahmen. Wenn also ein Ministerium nicht wolle, habe es sehr viele Möglichkeiten, zu blockieren.

Der von den Organisationen vorgelegte Entwurf sieht unter anderem eine aktive Informationspflicht vor, wonach die Behörden wichtige Verträge, Gutachten und Studien sowie Subventionszahlungen online veröffentlichen müssen. Wer einen Antrag auf Information stellt, soll keine Gebühren bezahlen müssen.

mey

Fernsehen und Radio bleiben meistgenutzte Medien

Frankfurt a.M., Mainz (epd). Fernsehen und Radio bleiben trotz der steigenden Bedeutung von digitalen Angeboten die meistgenutzten Medien in Deutschland. 65 Prozent der Bevölkerung nutzen täglich das lineare Fernsehen, wie aus der am Donnerstag veröffentlichten Studie „ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends 2022“ hervorgeht. Ein lineares Radioprogramm hören demnach täglich 68 Prozent der Menschen ab 14 Jahren in Deutschland.

Das Anschauen von Videoinhalten im Fernsehen, in den Mediatheken, bei Streamingdiensten oder auf anderen Internetplattformen ist in der Bevölkerung am weitesten verbreitet: Die Gesamt-Tagesreichweite von Bewegtbild liegt der Studie zufolge bei 88 Prozent und ist damit auf dem Niveau des Vorjahrs. Die tägliche Reichweite von Audioinhalten wie Radio, Podcasts oder Musik sank dagegen im Vergleich zu 2021 um fünf Prozentpunkte auf 80 Prozent, das lineare Radio verlor acht Prozentpunkte.

Redaktionelle Texte werden am Tag von knapp zwei Dritteln (63 Prozent) der Menschen ab 14 Jahre gelesen. Dies entspricht einem Zuwachs von 18 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr, den die Autoren der Studie mit methodischen Veränderungen erklären.

Nonlineare Medienangebote gewinnen im Alltag zunehmend an Relevanz, wie aus der Studie hervorgeht. Dies zeigt sich besonders im Bereich des Bewegtbilds: So sehen elf Prozent der Bevölkerung täglich Sendungen in den Mediatheken, ein Zuwachs von sechs Prozentpunkten gegenüber 2021. Videos von TV-Sendern auf Youtube erreichen täglich 13 Prozent der Menschen ab 14 Jahre - 2021 waren es nur drei Prozent. Andere Videos auf Youtube schauen 15 Prozent (plus fünf Prozentpunkte), Videos bei Streamingdiensten 24 Prozent (plus zwei Prozentpunkte).

Die tägliche Mediennutzungsdauer sank der Studie nach im Vergleich zum Vorjahr leicht um neun Minuten auf 420 Minuten. Auf Videos entfällt mit 214 Minuten (minus acht Minuten) weiterhin der größte Anteil, gefolgt von Audioinhalten mit 170 Minuten (minus sieben Minuten). Die Zeit, die täglich mit Lesen verbracht wird, stieg deutlich auf 70 Minuten (plus 18 Minuten).

Für die Studie wurden insgesamt 2.007 deutschsprachige Personen ab 14 Jahren per Telefon und online befragt. Die Studie wurde vom Institut GIM durchgeführt und dauerte von Ende Januar bis Mitte April. Die Ergebnisse werden in der Fachzeitschrift „Media Perspektiven“ veröffentlicht.

oss

Zwei Frauen leiten Gemeinschaftsangebot ARD Kultur

Leipzig (epd). Das ARD-Gemeinschaftsangebot ARD-Kultur hat eine neue Programmgeschäftsführung erhalten. Die Aufgabe haben im Oktober Bettina Kasten und Kristian Costa-Zahn übernommen, wie der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) am Mittwoch in Leipzig mitteilte. Das digitale Kulturangebot startet am 26. Oktober unter der Federführung des MDR und soll das kulturelle Angebot der ARD bündeln sowie um Eigenproduktionen ergänzen.

„Bettina Kasten und Kristian Costa-Zahn haben in den vergangenen Monaten mit großem persönlichen Engagement und Knowhow bereits viel für ARD-Kultur geleistet“, erklärte MDR-Intendantin Karola Wille. Der bisherige Programmgeschäftsführer Robert Ritzow hat den Posten nach Angaben des MDR aus persönlichen Gründen abgegeben.

lob

Ex-HSV-Präsident Hunke neuer Gesellschafter bei Hamburg 1

Hamburg (epd). Der ehemalige HSV-Präsident Jürgen Hunke ist neuer Gesellschafter des lokalen Fernsehsenders Hamburg 1. Hunke hält 50 Prozent der Gesellschafteranteile, die anderen 50 Prozent hält der Hamburger Medienunterunternehmer Frank Otto, wie die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) auf epd-Nachfrage bestätigte. Hamburg 1 hatte Ende April Insolvenz angemeldet, den Sendebetrieb aber aufrechterhalten.

Der Medienrat der MA HSH habe in seiner jüngsten Sitzung die Änderung der Beteiligungsverhältnisse als medienrechtlich unbedenklich bestätigt, so die Medienanstalt. Otto hatte in der Vergangenheit 40 Prozent der Anteile gehalten, 60 Prozent hatten sich in Händen des Schweizer Gesellschafters Michel Medien befunden.

Als wesentlichen Grund für die Insolvenz hatte Hamburg 1 Ende April den Rückzug von Michel Medien aus der laufenden Finanzierung des Senders genannt. Weder eine erforderliche Kapitalerhöhung noch die Gewährung weiterer Darlehen hätten deshalb erfolgen können. Darüber hinaus habe ein Umsatzeinbruch aufgrund der Corona-Pandemie im ersten Quartal 2022 dem Lokalsender zu schaffen gemacht, hieß es. Otto hatte nach dem Rückzug von Michel Medien zunächst die alleinige Finanzierung des Senders übernommen.

lnh

Bundesregierung benennt Ansprechpartner für die Kulturbranche

Berlin (epd). Die Bundesregierung hat Ansprechpartner für die Kultur- und Kreativbranche benannt. Wie das Bundeswirtschaftsministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte, übernimmt der Parlamentarische Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) diese Aufgabe. Auf die Personalie habe man sich mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien verständigt.

Kellners Stellvertreter wird demnach Andreas Görgen, der Amtschef bei Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ist. Beide hoben die wirtschaftliche Bedeutung der Kultur- und Kreativbranche hervor und versprachen, ein offenes Ohr für deren Anliegen zu haben.

mey

"Alles Licht, das wir nicht sehen", ist Hörspiel des Monats

Die Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste hat „Alles Licht, das wir nicht sehen“ von Anthony Doerr zum Hörspiel des Monats September gewählt. Die Jury lobte die „besonders gelungene Literaturadaption“ des Romans und die „kongeniale Umsetzung“ durch Regisseurin Petra Feldhoff: „ Dramaturgie, Inszenierung und schauspielerische Leistung erzeugen einen solchen Sog, dass man alle drei Teile am Stück hören möchte.“ Die dreiteilige Produktion wurde zwischen dem 17. September und dem 1. Oktober beim WDR urgesendet.

Die Jury hob hervor, dass der Zweite Weltkrieg in dem Stück „aus der ungewöhnlichen Perspektive eines französischen, blinden Mädchens und eines deutschen, technikbegeisterten Jungen erzählt“. Dies sei sehr berührend. Die Gefahr der Sentimentalität werde durch „die tragende Rolle des Radios als weiterer Protagonist gebannt“. Das Radio treibe als Medium zur Überwindung von Grenzen die Handlung voran, zugleich sei es vermittelndes Element von Bildung, Kunst und Kultur, sowie politische Propagandamaschine, die zur Gleichschaltung benutzt wird, und Waffe des Widerstandes.

Die Jury sprach zugleich zwei lobende Erwähnungen aus: Eine ging an „Picknick im Dunkeln“ (HR) von Markus Orth, die andere an „Fremd“ (DLF) von Michel Friedman.

Seit 1977 bestimmt jeden Monat eine aus drei Personen bestehende Jury der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste das Hörspiel des Monats. In diesem Jahr bilden Ania Mauruschat, Neo Hülcker und Vito Pinto die Jury. Gastgebender Sender ist Deutschlandfunk Kultur.

dir

Leipziger DOK Festival will auch junges Filmpublikum erreichen

Leipzig (epd). Das Internationale Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK Leipzig) bietet spezielle Angebote für junges Publikum. Auf dem Programm von „Kids DOK“ stehen 27 Filme für Kinder und Jugendliche, wie das Festival am Donnerstag in Leipzig mitteilte. Zu erleben seien „fantasievolle, nachdenkliche und lustige Animations- und Dokumentarfilme“ in vier Programmen für verschiedene Altersgruppen. Die 65. Ausgabe der DOK Leipzig findet vom 17. bis 23. Oktober statt.

Das Leipziger Dokumentarfilmfestival zeigt in diesem Jahr 255 Arbeiten aus 55 Ländern. Für den Wettbewerb um die Goldenen und Silbernen Tauben sind laut Festivaldirektor Christoph Terhechte 74 Filme nominiert. Inhaltlich beschäftigten sich die Filme unter anderem mit Familiengeschichten, mit der Situation von queeren Menschen und mit der Arbeitswelt.

lob